Gesetzesänderung: Gesichtsverhüllung an Hamburgs Schulen wird verboten
Hamburg - An Hamburgs Schulen wird Gesichtsverhüllung im Klassenraum offiziell verboten.
Ein entsprechender Antrag der Regierungsfraktionen von SPD und Grünen zur Änderung des Schulgesetzes wurde am Mittwoch in der Bürgerschaft mit Stimmen der CDU- und AfD-Fraktionen angenommen. Die Linke-Fraktion stimmte dagegen.
Durch die Gesetzesänderung werden Kopfbedeckungen, die das Gesicht vollständig verschleiern, untersagt.
"Schule und Gesichtsverhüllung verträgt sich nicht", sagte der Schulexperte der SPD-Fraktion, Nils Hansen (34). Das Gesicht des Gegenübers lesen zu können, sei für die Kommunikation wichtig. Er verwies darauf, dass das an Hamburgs Schulen bereits gelebte Praxis sei. Die Schulen bräuchten aber Rechtssicherheit.
In dem Antrag hieß es konkret, mit dem Verbot der Gesichtsverhüllung auf formal-gesetzlicher Ebene werde den Vorgaben des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts entsprochen.
Das Gericht hatte 2020 entschieden, dass einer damals 16-jährigen muslimischen Schülerin das Tragen eines Gesichtsschleiers von der Schule nicht untersagt werden könne, da hierfür die gesetzliche Grundlage fehle.
Religionspolitische Sprecherin verweist auf mögliche "gravierende Folgen" für betroffene Schülerinnen
Aktuell seien in der Hansestadt etwa zehn Fälle bekannt, in denen Mädchen mit Gesichtsschleiern den Unterricht besuchten. "Ja, das sind Einzelfälle. Und trotzdem braucht es dafür eine gesetzliche Regelung", betonte Hansen.
Das Tragen von Kopftüchern, aber auch von Schutzmasken aus Infektionsgründen sei weiterhin möglich. Schülerinnen und Schüler bräuchten dazu auch künftig kein Attest und keinen Antrag.
Die zentrale Bedeutung des Infektionsschutzes sei eine Lehre aus der Corona-Pandemie, sagte der Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen (46). Deshalb sei der Antrag in einer Neufassung so angepasst worden, dass er kein "Maskenverbot durch die Hintertür" darstelle.
Die religionspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Insa Tietjen (45), verwies bei dem Verschleierungsverbot auf mögliche "gravierende Folgen" für die betroffenen Schülerinnen - insbesondere, wenn die Schülerinnen nicht mehr schulpflichtig seien.
"Darüber würden wir gern vertiefend im Schulausschuss beraten." Ein entsprechender Antrag ihrer Fraktion auf Überweisung an den Ausschuss wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt.
Zusatzantrag der AfD-Fraktion findet keine Mehrheit
Auch ein Zusatzantrag der AfD-Fraktion fand in der Bürgerschaft keine Mehrheit. Die Fraktion hatte beantragt, neben vollständiger Verschleierung auch den Hidschāb zu verbieten.
Grundsätzlich weise der Vorschlag der Regierungsfraktionen allerdings in eine richtige Richtung, sagte der schulpolitische Sprecher der Fraktion, Alexander Wolf (57). Gesichtsverhüllende Kleidung gefährde nicht nur die Kommunikation, sondern stehe "der Integration in eine freiheitlich-säkulare Gesellschaft entgegen".
Der Justizexperte der CDU-Fraktion, Richard Seelmaecker (51), wies darauf hin, dass seine Fraktion schon 2017 ein Verbot von Vollverschleierung in allen öffentlichen Bereichen beantragt habe.
Verschleierung im Schulunterricht wird in Deutschland immer wieder diskutiert. Weil die Bundesländer für Bildung zuständig sind, ist das Thema uneinheitlich geregelt.
Bayern und Niedersachsen hatten die vollständige Gesichtsverhüllung 2017 als erste Bundesländer durch Änderungen ihrer Schulgesetze untersagt.
Rheinland-Pfalz ergänzte 2020 sein Schulgesetz
Die Entscheidung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts ließ die Debatte um ein Verschleierungsverbot 2020 in mehreren anderen Bundesländern aufleben. In Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein traten entsprechende Verschärfungen der Schulgesetze noch im selben Jahr in Kraft.
Auch Rheinland-Pfalz ergänzte 2020 sein Schulgesetz, um nach Angaben des Bildungsministeriums "das bereits bestehende Verbot der Vollverschleierung rechtlich abzusichern".
Andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und Bremen argumentierten in der Vergangenheit damit, Einzelfälle nicht aufbauschen zu wollen. Vollverschleierung sei an Schulen nicht erwünscht, bei den Schulgesetzen gebe es jedoch keinen Anlass zur Verschärfung.
Titelfoto: Boris Roessler/dpa