Dennis Thering im TAG24-Interview: "Der Rückzug von Christoph Ploß war absolut freiwillig"

Hamburg - Seit 2020 steht der Alstertaler Dennis Thering (38, CDU) der Unions-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft vor. Den Vorsitz übernahm er nach der Bürgerschaftswahl im selben Jahr, die die Christdemokraten mit dem schlechtesten Ergebnis in Hamburg überhaupt abschlossen. Als designierter Parteichef und Bewerber als Spitzenkandidat bei der kommenden Wahl, will Thering die Hamburger CDU wieder an die Spitze führen und Amtsinhaber Peter Tschentscher (57, SPD) als Ersten Bürgermeister beerben.

Er wäre nach Ole von Beust (67) und Kurt Sieveking (†89) erst der dritte CDU-Politiker in diesem Amt. Mit TAG24 hat Thering über die Entwicklung seiner Partei, die Fehler des aktuellen Senats und seine Vision von Hamburg gesprochen.

Hat sich mit TAG24 zum Gespräch in den Fraktionsräumen der CDU Hamburg getroffen: Dennis Thering (38), Fraktionsvorsitzender, designierter Landesvorsitzender und möglicher Spitzenkandidat seiner Partei bei der Bürgerschaftswahl 2025.
Hat sich mit TAG24 zum Gespräch in den Fraktionsräumen der CDU Hamburg getroffen: Dennis Thering (38), Fraktionsvorsitzender, designierter Landesvorsitzender und möglicher Spitzenkandidat seiner Partei bei der Bürgerschaftswahl 2025.  © Tobias Koch

TAG24: Herr Thering, sieht man mal von den zehn Jahren unter Ole von Beust ab (2001-2011) muss man schon 70 Jahre zurückgehen, um im Jahr 1953 die letzte Bürgerschaftswahl zu finden, aus der die CDU (damals gemeinsam mit anderen Parteien als "Hamburger Block" angetreten) als stärkste Partei hervorgegangen ist. Wieso tut sich die CDU in Hamburg so schwer?

Dennis Thering: Das historisch schlechte Ergebnis bei der letzten Wahl von 11,2 Prozent hatte sicherlich viele Gründe, die teils selbstverschuldet waren, teils den Umständen geschuldet. Klar ist aber auch, das es uns in den letzten Jahren nicht gelungen ist, ein klares Profil aufzubauen. Die Menschen wussten nicht, wofür wir stehen, welchen Mehrwert es hat, die CDU zu wählen. Diese Ausgangslage hat sich nun komplett geändert. Ich glaube, es ist uns in den letzten drei Jahren sehr gut gelungen zu zeigen, wofür die CDU beispielsweise in puncto Innenpolitik, Wirtschaftspolitik, Flüchtlingspolitik - um nur drei Themenfelder zu nennen - steht. Die Stimmung in der Stadt für den aktuellen Senat wird zudem von Tag zu Tag gefühlt schlechter, auch die Umfragewerte belegen eine wachsende Zustimmung für uns. Deswegen bin ich sehr optimistisch, dass wir den Turnaround geschafft haben und bei der Wahl 2025 wieder deutlich besser abschneiden können.

TAG24: Das von Ihnen angesprochene historisch schlechte Ergebnis der letzten Wahl bedeutet auch den vorläufigen Tiefpunkt einer Entwicklung, die mit dem Ende von Ole von Beust begonnen hat. Seitdem haben die Zustimmungswerte der CDU Hamburg an den Wahlurnen kontinuierlich abgenommen. Unter ihnen soll diese Serie jetzt beendet werden. Der Politikwissenschaftler Prof. Elmar Wiesendahl (77) sagte dazu im vergangenen Jahr in einem Interview: "Der Plan von Fraktionschef Dennis Thering, die Partei in die Wahl zu führen, ist ein Abonnement auf Niederlage." Was entgegnen Sie ihm?

Nach Ampel-Bruch: Bahnsanierung Berlin-Hamburg vor dem Aus?
Hamburg Politik Nach Ampel-Bruch: Bahnsanierung Berlin-Hamburg vor dem Aus?

Thering: Das ist natürlich völliger Unsinn, ich glaube, diese Meinung hat er auch exklusiv, zumindest habe ich diese noch nie gehört. Aber das ist auch sein gutes Recht, die darf er auch haben. Ich persönlich merke tagtäglich in meinen Gesprächen, dass die Zustimmung für die CDU auch gerade nach Corona, wo wieder andere Themen im Fokus stehen, zugenommen hat. Viele Hamburger und Hamburgerinnen wünschen sich auch wieder neuen Schwung, die SPD wird 2025 vierzehn Jahre am Stück regiert haben. Demokratie lebt vom Wechsel. Deshalb kann ich voller Selbstvertrauen sagen: Die CDU Hamburg ist wieder da und mit ihr 2025 zu rechnen.

Dennis Thering: "An erster Stelle muss immer das Wohl der Stadt stehen."

Thering will Amtsinhaber Peter Tschentscher (57, SPD) bei der nächsten Wahl herausfordern. (Archivbild)
Thering will Amtsinhaber Peter Tschentscher (57, SPD) bei der nächsten Wahl herausfordern. (Archivbild)  © Christian Charisius/dpa

TAG24: Immer wieder haben Sie Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher fehlende Führung und "Orientierungslosigkeit" vorgeworfen - sei es nun in der Corona-Krise - in der Sie sich dennoch mit der Arbeit des Senats weitestgehend zufrieden zeigten - oder jetzt in Zeiten anhaltender Inflation. Wie führt ein Dennis Thering?

Thering: Vor allem bin ich jemand der Politik als Teamplayer versteht. Ich komme aus dem Fußball, habe mein Leben lang Fußball gespielt. Dort habe ich gelernt, dass man immer nur dann erfolgreich ist, wenn man sich als Team versteht. Und so würde ich es natürlich auch immer mit einem Koalitionspartner halten. Politik ist keine One-Man-Show. Und schon gar nicht so, wie es der Senat aktuell macht, eher gegeneinander agiert, statt miteinander. Das ist, glaube ich, meine Stärke und die der CDU-Fraktion. Dadurch haben wir es alle zusammen geschafft in den letzten Jahren eine sehr schlagkräftige und geschlossene Truppe aufzubauen.

Vom Bürgermeister würde ich mir schon wünschen, dass er bei für die Stadt wichtigen Themen auch mal deutlich macht, dass nicht immer alles möglich ist und den Koalitionsfrieden über das Wohl der Stadt stellt. Das halte ich für einen großen Fehler. An erster Stelle muss immer das Wohl der Stadt, der Bürgerinnen und Bürger, nicht der Koalition stehen. Das werfe ich ihm schon vor.

Bürgermeister Tschentscher stellt klare Forderung: "Wir dulden keinen Antisemitismus"
Hamburg Politik Bürgermeister Tschentscher stellt klare Forderung: "Wir dulden keinen Antisemitismus"

TAG24: Nachdem Sie bereits ihre Bereitschaft signalisiert hatten, als Spitzenkandidat ihrer Partei bei der nächsten Bürgermeisterschaftswahl ins Amt zu gehen, wurde am vergangenen Wochenende bekannt, dass sie neben der Fraktionsspitze, die Sie bereits innehaben, auch den Landesvorsitz übernehmen sollen. Damit tritt der bisherige Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß (37), den sie selbst als Freund bezeichnen, in der Landespolitik in die zweite Reihe. Ploß, mit dem es zuletzt Unstimmigkeiten wegen des Parteibeitritts des früheren Hamburger AfD-Vorsitzenden Jörn Kruse (75) gegeben hat, gilt als deutlich konservativer als Sie. Wie freiwillig war dessen Rückzug?

Dennis Thering über den Rückzug von Christoph Ploß vom Parteivorsitz

Dennis Thering und Christoph Ploß (37, rechts) bei der Pressekonferenz zum anstehenden Rückzug von Ploß vom Landesvorsitz seiner Partei.
Dennis Thering und Christoph Ploß (37, rechts) bei der Pressekonferenz zum anstehenden Rückzug von Ploß vom Landesvorsitz seiner Partei.  © Marcus Brandt/dpa

Thering: Absolut freiwillig. Es war zwischen Christoph und mir von Tag 1 an klar, dass wir beide Ämter rechtzeitig vor der Bürgerschaftswahl in eine Hand legen wollen, um schlagkräftiger zu sein, Entscheidungswege kurzzuhalten und sich auf eine Person fokussieren zu können. Der Vorschlag kam damals auch von ihm, es war seine Idee. Christoph Ploß und ich waren immer gut befreundet und sind es auch jetzt noch genauso gut. Christoph wird weiterhin eine wichtige Rolle in der CDU Hamburg spielen, wird auch weiterhin Landesgruppenvorsitzender unserer Bundestagsfraktion sein. Das muss man ihm auch hoch anrechnen, dass er die Partei auch über seine Person gestellt hat, indem er ein Stück weit in den Hintergrund getreten ist. Diese Geschlossenheit und das gemeinsame Verfolgen des Zieles die CDU wieder stärker zu machen, zeichnet die neue Hamburger CDU aus.

TAG24: Mit ihnen an der Spitze wird auch eine Öffnung der CDU hin zu den Grünen vorstellbarer, als noch unter Ploß. Gibt es bereits eine sogenannte "Pizza-Connection" wie im Bonn der 90er Jahre?

Thering: Nein, die gibt es nicht und die wird es auch nicht geben. Wir kämpfen als CDU für uns, wir kämpfen für ein starkes CDU-Ergebnis. Die CDU wird mit klaren Positionen in den Wahlkampf gehen und am Ende werden wir sehen, in welcher Konstellation wir am meisten CDU-Positionen umsetzen können, um Hamburg voranzubringen. Für die CDU, das kann ich Ihnen schon mal sagen, wird es auch bis zum Wahltag keine Koalitionsaussage geben.

Thering: "Koalition mit AfD und der Linken ist ausgeschlossen"

TAG24: Also, halten Sie sich alle Optionen offen?

Thering: Wir kämpfen für ein starkes CDU-Ergebnis und werden am Ende gucken, mit welchem Partner die CDU-Themen für die Stadt am besten umsetzbar sind. Dass es keine Koalition mit der AfD oder mit den Linken geben wird, ist hingegen für die CDU selbstverständlich.

Der zweite Teil des Interviews mit dem Hamburger CDU-Fraktionsvorsitzenden, designiertem Landesvorsitzenden seiner Partei und möglichem Bürgermeisterkandidat, Dennis Thering, erscheint am Samstag, dem 25. März 2023, auf TAG24.

Titelfoto: Tobias Koch

Mehr zum Thema Hamburg Politik: