Pfleger wird Social-Media-Star: "Vor eineinhalb Jahren hatte ich nicht mal Facebook"
Hamburg - Rashid Hamid ist gelernter Pfleger. Inzwischen ist der 31-Jährige durch seinen Beruf nicht nur zum Gründer und Geschäftsführer seines eigenen Pflegedienstes "Pflege Smile" herangewachsen, sondern auch zum Social-Media-Star geworden. TAG24 hat mit dem Hamburger über seine Arbeit und seinen plötzlichen Ruhm auf Instagram und TikTok gesprochen.
Eigentlich ist der gebürtige Hamburger in alles ganz zufällig hineingerutscht - in die Pflege und den Social-Media-Ruhm.
"Ich habe mit 16 meinen Realschulabschluss mit einem Durchschnitt von 4,2 gemacht. Mir ist dann erst so richtig klar geworden, dass ich sehr schlechte Chancen habe, einen Ausbildungsplatz zu finden. Ich war immer eher so der 'typische Teenager' - lieber gerne gezockt anstatt Hausaufgaben oder generell etwas für die Schule zu machen", erklärte er gegenüber TAG24.
Er habe viel ausprobiert. Vom Kfz-Mechatroniker über Gastronomie bis hin zur Hotelbranche habe er sich "reingefuchst" und den verschiedenen Tätigkeitsfeldern eine Chance gegeben. Doch all das sei nichts für ihn gewesen.
"Ein Nachbar von mir, der selbst als Krankenpfleger tätig ist, hat mir dann empfohlen, ein Praktikum im Krankenhaus zu machen. Dort habe ich gemerkt, dass ich ziemlich viel Spaß hatte, Patienten zu betreuen und mit ihnen zu quatschen." Doch für einen Job als Pfleger in einer Klinik sei sein Schulabschluss zu schlecht gewesen.
Ganz zufällig habe er dann festgestellt, dass die Altenpflege dem ja ganz ähnlich ist, und sich dort als Azubi beworben. "Und als Mann hatte ich da dann auch recht schnell einen Ausbildungsplatz bekommen."
Rashid Hamid: "Ich hatte kein Geld für Stellenanzeigen"
Inzwischen ist Rashid Hamid aber nicht mehr "nur" Pfleger, sondern auch Geschäftsführer seines eigenen Pflegedienstes sowie Social-Media-Star.
"Ich habe vor zwei Jahren meinen Pflegedienst gegründet und dann aus einer Notlage heraus mit Social Media angefangen. Bis vor eineinhalb Jahren hatte ich kein Instagram, kein TikTok, nicht mal Facebook - ich hatte nichts", so der 31-Jährige über die Entstehungsgeschichte.
"Wir hatten keine Anfragen von Patienten, Mitarbeitern und ich hatte kein Geld für Stellenanzeigen. Meine Frau meinte dann: 'Du, probier es doch mal mit Social Media, das ist kostenlos. Und wenn du es richtig machst, erreichst du viele Menschen.'"
Und obwohl ihm anfangs nur Personen aus dem Pflegebereich gefolgt seien, zählt der Hamburger in nicht einmal zwei Jahren mehr als 200.000 Follower aus diversen Branchen auf seinem Kanal.
Doch was möchte er mit den persönlichen Videos von sich, dem Pflegealltag und seinen Patienten eigentlich vermitteln? "Generell möchte ich einfach die schönen Dinge [der Pflege] hervorheben, weil es bereits viele andere Kollegen gibt, die die Missstände aufzeigen. Ist auch völlig in Ordnung", so der Pfleger.
"Vor ein paar Tagen zum Beispiel habe ich eine Nachricht von einem Herrn bekommen, der mir gesagt hat, dass er Ende des Jahres sein achtes Jahr als Berufssoldat beendet und dann wegen meiner Videos und Einblicke eine Ausbildung als Altenpfleger starten möchte."
Solche Nachrichten freuen die selbstständige Pflegekraft immer enorm, berichtete er. Selbst Bewerbungen würden ihn via Instagram-Direktnachricht erreichen. Inzwischen ist er auch auf YouTube aktiv.
Pfleger Rashid Hamid veröffentlicht Autobiografie
Doch auch er hat neben den positiven Rückmeldungen häufig mit den Schattenseiten von Social Media zu kämpfen und muss sich mit kritischen Kommentaren auseinandersetzen - besonders hinsichtlich des Datenschutzes.
"Ich kläre das im Vorhinein ab. Ich habe ein offizielles Formular, ich hole mir die Genehmigung vom Patienten, Angehörigen oder einem Betreuer", stellte er klar.
Und trotzdem: "Es ist einfach völlig verrückt, wie alle mitfiebern", freut sich der 31-Jährige immer noch über das Feedback auf seinem "Pflege Smile"-Kanal. An Weihnachten hatte er eine Geschenk-Aktion ins Leben gerufen, um den Patienten, wenn man denn wolle, eine Freude machen zu können. "Wir haben dann haufenweise Geschenke bekommen, weil sich so viele beteiligt hatten. Die sagen alle, dass es wie eine kleine Familie geworden ist, weil sie das tagtäglich verfolgen."
Der plötzliche Social-Media-Ruhm fühle sich jedoch immer noch surreal an, so der Pfleger: "Ich hätte niemals gedacht, dass ich durch die Pflege so eine Reichweite aufbaue. Wenn ich dann draußen unterwegs bin, grüßen mich die Leute und [...] ich bekomme positives Feedback, das ist schön."
Seine hohe Reichweite möchte der Hamburger auch weiterhin sinnvoll nutzen. Am morgigen Dienstag kommt deshalb sein erstes Buch heraus, eine Autobiografie mit dem Titel "Ein Herz und eine Pflege", in der er auch Patienten mit Weisheiten und Erlebnissen zu Wort kommen lässt.
Oma Lotti rasiert Rashid Hamid mit 92 Jahren den Bart ab:
Rashid Hamid rät zum Ausprobieren
Angehenden Pflegern rät Rashid Hamid, Praktika zu machen: "Ich habe mich selbst ja auch ausprobiert, bis ich dann meinen Beruf gefunden habe."
Und abschließend: Was sagt er zu den Vorurteilen über die Berufsgruppe? "Hätte man mir mit 15/16 Jahren gesagt: 'Geh mal in die Pflege', hätte ich auch gesagt: 'Hä, was soll ich denn da?' Ich hatte auch Vorurteile und dachte, es geht nur um Arsch-Abwischen, aber es ist nicht so. Und generell wird man in der Pflege auch nicht schlecht bezahlt. Für die Arbeit, die man leistet, sollte man definitiv mehr kriegen, aber so schlecht stehen wir tatsächlich nicht da. Eine Pflegehilfskraft ohne Ausbildung (!) bekommt schon 15 bis 16 Euro die Stunde. Da verdienen Friseure oder andere Ausbildungsberufe durchaus weniger", klärt er auf.
Auch sein eigener ambulanter Pflegedienst "Pflege Smile" bietet Ausbildungsplätze an.
Titelfoto: Bildmontage: privat, Yvonne Schmedemann