Nach rund 30 Minuten: Erste pro-palästinensische Kundgebung vorzeitig beendet
Hamburg - Die erste in Hamburg genehmigte pro-palästinensische Kundgebung seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel ist am Mittwochabend vorzeitig beendet worden.
Nachdem es dem Veranstalter, dem Rat der Islamischen Gemeinschaften (Schura), nicht gelang, einzelne Kundgebungsteilnehmer zur Einhaltung der von der Versammlungsbehörde erteilten Auflagen zu bringen, beendete er die Versammlung nach rund einer halben Stunde.
Nach Polizeiangaben waren 800 Menschen dem Aufruf der Schura zur Kundgebung unter dem Motto "Lasst uns friedlich unsere Stimme erheben für die Menschen und den Frieden im Nahen Osten - auch für das Palästinensische Volk" gefolgt. Erwartet worden waren 1500.
Mehrfach skandierte die Menge "Free, free Palestine" - ein Slogan, der aufgrund der von der Versammlungsbehörde erteilten Auflagen nicht erlaubt war.
Immer wieder wurde auch "Allahu Akbar" (Allah ist groß) skandiert - vor allem von jungen Demonstranten. Neben vielen palästinensischen Fahnen wurden auch Plakate mit Slogans wie "Israel bombardiert, Deutschland toleriert", "Deutsche Staatsräson tötet" oder "Stop killing Babies" hochgehalten.
Polizei mit 1500 Einsatzkräften vor Ort
Die Polizei hatte die Kundgebung im Stadtteil St. Georg mit einem Großaufgebot von 1500 Einsatzkräften begleitet. Die Hamburger Beamten wurden von Kollegen aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und der Bundespolizei unterstützt. Auch mehrere Wasserwerfer standen bereit.
Erst nach mehrfacher Aufforderung per Lautsprecher entfernte sich die Menge vom Veranstaltungsort. Die Stimmung im Umfeld blieb angespannt, laut Polizei gab es aber keine größeren Zwischenfälle.
Die stellvertretende Schura-Vorsitzende Özlem Nas zeigte sich nach Ende der Kundgebung enttäuscht. Als Religionsgemeinschaft sei es der Schura ein Anliegen gewesen, die palästinensische Stimme hörbar zu machen. Einzelne hätten sich nicht an die Auflagen gehalten.
"Und natürlich bringt das weder der Stadtgesellschaft noch den Menschen in Palästina etwas, wenn man sich hinstellt und einfach den Frust rausschreit."
Ob solche Kundgebungen unter den strengen Auflagen überhaupt noch möglich sind, müsse nun überlegt werden.
Scharfe Auflagen für Demonstranten
Mit den scharfen Auflagen sollte laut Polizei sichergestellt werden, dass jüdisches Leben respektiert und das Existenzrecht des Staates Israel zu keinem Zeitpunkt infrage gestellt wird.
So wurde das Zeigen von Transparenten auf festgelegte Inhalte beschränkt und auch die Zahl palästinensischer Fahnen vorgegeben. Sprechchöre sollten nur von der Kundgebungsbühne aus angestoßen werden - und auch da waren die Slogans zuvor abgestimmt worden.
Vor der Kundgebung der Schura hatte die Versammlungsbehörde mindestens sieben angemeldete pro-palästinensische Versammlungen mit Hinweis auf eine Gefahrenanalyse verboten.
Im Fall der Schura sei mit in die positive Bewertung eingeflossen, dass deren Vorstand der Jüdischen Gemeinde Hamburg unmittelbar nach dem Angriff der Hamas einen Besuch abgestattet und dabei seine Solidarität zum Ausdruck gebracht hatte, teilte die Polizei mit.
Nach Angaben von Landesrabbiner Shlomo Bistritzky (45) gab es in Hamburg nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober noch keine Angriffe auf jüdische Einrichtungen oder Menschen.
Die Kundgebung der Schura sah er grundsätzlich positiv: "Ich verstehe, dass Menschen sich hier mit den Palästinensern solidarisieren möchten", sagte Bistritzky. Das sei in Ordnung, "solange das friedlich und ordentlich geht."
Unterdessen wurde am Mittwoch eine Allgemeinverfügung, die alle nicht angemeldeten und nicht behördlich bestätigten pro-palästinensischen Versammlungen verbietet, von der Versammlungsbehörde um weitere vier Tage bis zum kommenden Sonntag verlängert.
Erstmeldung: 25. Oktober, 20.11 Uhr. Aktualisiert um 22.20 Uhr.
Titelfoto: Citynewstv