Was für ein Zirkus: Roncalli ab Mai zurück in Hamburg
Hamburg - Zirkus Roncalli: Ein Zirkus ohne Tiere und mit wenig CO2-Ausstoß. Nur dort werden in Deutschland Clownsgardarobe und Materialwagen noch per Schiene von A nach B transportiert. Am Donnerstag wurden die nostalgischen Wagen in Hamburg abgeladen. TAG24 war vor Ort. Ab 11. Mai können Artisten und Co. wieder in der Hamburger-Manege auf der Großen Moorheide bestaunt werden.
Er ist der letzte Verlademeister in ganz Europa: Steve Jones, der mit seiner neongelben Warnweste in dem historischen roten Roncalli-Traktor zwei Bauwagen voll mit bunten Zirkusutensilien an ihren Platz transportiert.
Die Roncalli-Zirkus-Crew ist seit 1976 an den verschiedensten Standorten unterwegs. Seit 26 Jahren ist auch der Verlademeister Teil der Roncalli-Zirkus-Familie.
Alles, was die rund 150 Künstler benötigen, wird noch heute mit dem Zug von Stadt zu Stadt gefahren und dann von ihm verladen. "150 Wägen über die Straße zu schicken wäre etwas teuer - und auch umwelttechnisch betrachtet ist das natürlich eine angenehme Geschichte."
Damit keiner der historischen Wagen des 700 Meter langen Sonderzugs zu Bruch geht, erzählt der Verlademeister, fahre er rückwärts langsam über die Rampe der Eisenbahn rauf, kopple den Wagen an und fahre dann langsam wieder runter.
Seine Logistik-Crew helfe ihm dabei, die Wagen vorher so fertig zu machen, dass er sie quasi nur noch ziehen müsse.
Allerdings sei er tatsächlich der einzige des Teams, der das finale Abladen übernehme. So brauche Jones im Schnitt einen Tag, bis er alle Waggons heil von den Schienen manövriert habe. In Hamburg seien es sogar zwei. "Wir brauchen hier länger, weil ich keine Abstellmöglichkeit habe".
Jones müsse zwischendurch immer wieder warten, bis die Lastwagen die Wagen abholen, um sie zur großen Moorweide zu fahren.
Die Ehre des europaweit letzten Verlademeisters
Der inzwischen über 60-Jährige sei auch jetzt noch mit Herzblut dabei. "Bis es nicht mehr geht. Solange ich das gesundheitlich noch machen kann. Bin noch nicht so ganz vom alten Eisen", sagte der leidenschaftliche Verlademeister gegenüber TAG24.
Jones, der vor seinem "bunten" Arbeitgeber beim Militär war, schwärmt: "Es ist eine Ehre, für einen der besten Zirkusse in Europa zu arbeiten. Nicht jeder ist damit vertraut worden."
Natürlich gäbe es wie immer Auf und Abs. Gerade im Winter, wenn es kalt und man die ganze Zeit im Freien am Werk sei. Oder, wenn man in Hamburg ablade und dort bekanntlich ja gerne mal Regen abbekommt.
Am Donnerstag hatten Jones und seine logistische Zirkus-Crew allerdings Glück: Die Sonne lachte über der Hansestadt und beglückte die Arbeiter mit warmen 16 Grad.
Tierfreie Zirkus-Show startet am 11. Mai in Hamburg
Mit der Premiere am Donnerstag, dem 11. Mai, beginnt die knapp siebenwöchige Vorstellung auf der Großen Moorweide. In diesem Jahr lautet der Titel des Zirkus-Theaters von Roncalli-Gründer und -Direktor Bernhard Paul (75) "All for ART for All".
Damit wolle der Zirkus unter anderem zeigen, dass man "ARTgerecht" sei - gerade weil man auf Tiere in der Manege seit Jahren verzichte.
Neben der Anreise mit dem Zug zeigt sich die Roncalli-Familie auch anderweitig nachhaltig. Denn ebenso wird auf Plastikbesteck und Verpackungen während der Vorstellung verzichtet.
Wer also Lust hat, ein künstlerisches Zirkusspektakel zwischen Nostalgie und Moderne zu bestaunen, das von weltweit bekannten Artisten und Clowns wie Handstandakrobatin Maria Sarach und Weißclown und Roncalli-Ikone Gensi, aufgeführt wird, macht am besten einen Abstecher in das bunte Zirkuszelt von Roncalli.
Titelfoto: Alice Nägle/TAG24