"Varieté de Buena Vista": Eine Nacht in einer kubanischen Bar live erleben

Hamburg - Havanna 1958: In einer traditionellen kubanischen Bar wird Cuba Libre getrunken, Salsa getanzt und aus Leidenschaft musiziert. Die Lebensfreude der Menschen klebt in jeder Ecke des Clubs und ist dank der einzigartigen Musik auch rund 60 Jahre später immer noch spürbar. Das "Varieté de Buena Vista" unter der Regie von Toby Gough, welches am Montagabend Premiere im Hamburger Hansa-Theater feierte, entführt das Publikum auf einen Streifzug durch das Nachtleben Kubas vor der Revolution.

Das gesamte Ensemble des "Varieté de Buena Vista". Unter ihnen auch die ehemaligen "Buena Vista Social Club"-Stars Jesus "Aguaje" Ramos (71), Fabián Garcia Caturla (77) und Sänger Pedrito Calvo Rojas (84).
Das gesamte Ensemble des "Varieté de Buena Vista". Unter ihnen auch die ehemaligen "Buena Vista Social Club"-Stars Jesus "Aguaje" Ramos (71), Fabián Garcia Caturla (77) und Sänger Pedrito Calvo Rojas (84).  © Thorsten Baering

Rum aus der Hauptstadt Havanna und kubanische Zigarren - oft die ersten Dinge, die Europäer mit dem Inselstaat in der Karibik verbinden. Regisseur Toby Gough, der selbst seit über 30 Jahren auf Kuba lebt, teilt diesen Eindruck. Nur darf eine Sache niemals fehlen: die Musik.

"Es ist eine sehr kleine Insel, aber es gibt dort so viel Talent. Durch seine geografische Lage zwischen Spanien, Afrika und Amerika wurde Kuba durch all die anderen Kulturen beeinflusst", erzählt Gough im Vorfeld der Premiere im Gespräch mit TAG24. "Die Musik ist ein Mix aus spanischen Melodien, europäischen Instrumenten, dem Rhythmus der afrikanischen Trommeln und dem New-Orleans-Jazz aus Amerika."

Dank des 1996 erschienenen Albums "Buena Vista Social Club" - welches die Musik aus den 1940 und 1950ern in Kuba wieder auferstehen ließ - hat die einzigartige Kultur der Insel Millionen Menschen weltweit in ihren Bann gezogen. Und genau das will auch Gough mit "Varieté de Buena Vista" in Hamburg erreichen.

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Mit Jesus "Aguaje" Ramos (71), Fabián Garcia Caturla (77) und Sänger Pedrito Calvo Rojas (84) sind sogar gleich drei ehemalige "Buena Vista Social Club"-Stars oder, wie Gough sie nennt, "Godfathers of a forgotten Age" Teil des Ensembles. Auch werden teilweise die Hits des Albums wie "Chan Chan" und "Veinte años" performt.

"Es ist die beste kubanische Band der Welt! Darin besteht kein Zweifel!"

Sängerin Geidy Chapman stammt aus Havanna und ist seit 2007 Leadsängerin bei "Havana Rakatan".
Sängerin Geidy Chapman stammt aus Havanna und ist seit 2007 Leadsängerin bei "Havana Rakatan".  © Thorsten Baering

Toby Gough will aber nicht nur den älteren, aber auf dem Tanzbein noch erstaunlich fitten Herren eine Bühne schenken, sondern auch den aufstrebenden kubanischen Künstler:innen wie der fantastischen Sängerin Geidy Chapman, der "Königin des Boleros", Trompeter Yuliesky González und Sänger Joakín.

"Ich toure seit über 25 Jahren mit kubanischen Musikern um die Welt und das sind die besten, mit denen ich je zusammengearbeitet habe. Es ist die beste kubanische Band der Welt! Darin besteht kein Zweifel", betonte der britische Theaterregisseur.

Doch warum eigentlich Kuba in den 1950ern? "Wir haben versucht, nachzustellen, wie das Leben in Kuba vor der Revolution war. Als es noch eine Freundschaft zwischen Kuba und Amerika gab und amerikanische Musiker in Kuba und kubanische Musiker zusammen mit Amerikanern spielten. Das Showbusiness boomte zu dieser Zeit: Überall waren Casinos, Kabaretts, Theater, Bars und Kinos", erzählte Gough gegenüber TAG24, betonte aber auch, dass diese Angebote meist nur für Weiße zugänglichen waren, die Einheimischen hätten sich dann meist in den "Social Clubs" getroffen.

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"Natürlich gab es auch damals schon Probleme, deswegen kam es dann ja auch zur Revolution: Es herrschten Korruption, Prostitution, die Mafia und es gab keine Unabhängigkeit und Freiheit für die Menschen, aber für Musiker und Tänzer war es das goldene Zeitalter von Entertainment."

"Varieté de Buena Vista": Diese Tänzer performten schon mit Jennifer Lopez

Daniela Berrio, John Edward Valencia, Adrianita Paz und Sebastian Agudelo begeistern mit einer unglaublichen Schnelligkeit, atemberaubender Akrobatik und Synchronisation.
Daniela Berrio, John Edward Valencia, Adrianita Paz und Sebastian Agudelo begeistern mit einer unglaublichen Schnelligkeit, atemberaubender Akrobatik und Synchronisation.  © Thorsten Baering

Die Tanzeinlagen in der Show gehören zu Goughs Lieblingselementen: "Die Tänzer sind fantastisch!"

Und das sind sie wirklich. Am Premierenabend überzeugten Daniela Berrio, John Edward Valencia, Adrianita Paz und Sebastian Agudelo, die zusammen mit ihrer Akademie "Swing Latino" 2020 schon bei der "Super Bowl"-Halbzeitshow zusammen mit Jennifer Lopez (53) aufgetreten sind, mit einer unglaublichen Schnelligkeit, atemberaubender Akrobatik und Synchronisation.

Und sie strahlten dabei eine solche Leichtigkeit aus, die sich direkt auf das Publikum übertrug und auch ein Grund ist, warum Gough so gerne auf Kuba lebt:

"Es herrscht ein wirklich spontaner Spirit unter den Einheimischen. Sie lieben es, eine Party aus jeder Situation zu machen und aufgrund ihrer Geschichte sind sie fähig, einen traurigen Moment in einen glücklichen zu verwandeln."

"Zigarren dürfen wir leider nicht rauchen, wir würden aber, wenn wir könnten!"

Regisseur Toby Gough liebt es, das Publikum in eine andere Kultur eintauchen zu lassen.
Regisseur Toby Gough liebt es, das Publikum in eine andere Kultur eintauchen zu lassen.  © Thorsten Baering

"Für mich ist es einfach etwas ganz besonderes, in Deutschland zu sein und eine Nacht in einer kubanischen Bar nachzustellen. Ich sitze sogar auch auf der Bühne an einer Bar und wir trinken kubanischen Rum. Zigarren dürfen wir leider nicht rauchen, wir würden aber, wenn wir könnten", sagte Gough amüsiert.

Der Regisseur richtet nach den einzelnen Showeinlagen immer wieder selbst das Wort ans Publikum und stellt Teile der kubanischen Geschichte und die einzelnen Künstler:innen vor. "Es ist der beste Job der Welt, anderen die Möglichkeit zu geben, in eine andere Kultur einzutauchen."

Und diesen Job hat Gough mit Bravour gemeistert. Von der ersten Sekunde an, wenn die Künstler:innen von allen Seiten auf die Bühne im Hansa Theater strömen, die ersten Klänge der Congas erklingen und das Dämmerlicht einsetzt, fühlt man sich wie in einer anderen Welt. Sogar die sommerlichen Temperaturen passten am Premierenabend ins kubanische Klima. Das begeisterte Publikum belohnte die ihnen gebotene Zeitreise mit den vielleicht ersten getanzten Standing Ovations, welche Gough zu dem Ausruf "Viva la Hansa" verleiteten.

Noch bis zum 2. September gastiert das "Varieté de Buena Vista" täglich (außer montags) im Hamburger Hansa-Theater. Beginn jeweils um 19.30 Uhr, sonntags um 15 Uhr. Tickets und weitere Informationen unter hansa-theater.com.

Titelfoto: Thorsten Baering

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