Kirche öffnet Türen für "Nightbitch": Rachel Yoder stellt Debütroman vor

Hamburg - Die Autorin Rachel Yoder (45) hat im Rahmen des Harbour Front Literaturfestivals ihren gefeierten Debüt-Roman "Nightbitch" vorgestellt, der im kommenden Jahr mit Amy Adams (49) in der Hauptrolle in die Kinos kommen soll.

Pastor Sieghard Wilm freute sich auf die ungewöhnliche Lesung in der St. Pauli Kirche.
Pastor Sieghard Wilm freute sich auf die ungewöhnliche Lesung in der St. Pauli Kirche.  © TAG24/Franziska Rentzsch

Es war ein durchaus gewagter Rahmen: Im Eingangsbereich der St. Pauli Kirche in Hamburg stapelten sich am Dienstag zahlreiche Bücher mit leuchtendem Cover: "Nightbitch" steht dort in weißen Lettern vor rotem Hintergrund. Frauenhände mit perfekt rot lackierten Fingernägeln präsentieren dem Betrachtenden dicke Stücke rohen Fleisches.

Pastor Sieghard Wilm bestieg den Altar an diesem Abend nur für die begrüßenden Worte. Er freue sich auf den Abend, auch wenn es vielleicht ein ungewöhnlicher Ort für die "Nightbitch" sei. Im Vorfeld habe er sich bereits mit der Autorin über die Frage unterhalten: "Ob man sowas in einer Kirche machen kann?" Ob das Thema nicht viel zu "unfromm oder wicked" sei?

Doch er selbst sei zu dem Schluss gekommen: Wenn eine solche Lesung in einer Kirche möglich ist, dann in der St. Pauli Kirche. Immerhin habe es der "Kiez faustdick hinter den Ohren".

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St. Pauli sei ein Stadtteil mit einer ganz besonderen Seele, in dem – wie in dem Buch von Rachel Yoder – Abstürze und Höhenflüge nah beieinander lägen. Und damit sei die Kirche "genau der richtige Orte für Rachel Yoders 'Nightbitch'".

"Nightbitch" von Rachel Yoder ist ein sehr persönlicher Roman

Rachel Yoder (45, r.) stellte am Mittwoch ihren Roman "Nightbitch" vor: Unterstützt wurde sie dabei von ihrer deutschen Stimme, der Schauspielerin Julia Nachtmann (42).
Rachel Yoder (45, r.) stellte am Mittwoch ihren Roman "Nightbitch" vor: Unterstützt wurde sie dabei von ihrer deutschen Stimme, der Schauspielerin Julia Nachtmann (42).  © TAG24/Franziska Rentzsch

Rachel Yoder hat mit ihrem Debüt einen feministischen Roman über das Mutter-Sein geschrieben, der an den Magischen Realismus eines Haruki Murakamis erinnert: Denn die Mutter verwandelt sich nach und nach in einen Hund, zunächst erschrocken, dann nur noch verwundert, interessiert und schließlich ihrem Schicksal ergebend und befreit.

"Sie wird zu einer besseren Mutter, weil sie ein besserer Hund wird. Hunde brauchen nicht zu arbeiten. Hunde machen sich nichts aus Kunst", heißt es an einer Stelle des Romans.

"Wie kommt man auf die Idee, so ein Buch zu schreiben?", wurde die Autorin im Gespräch mit Journalistin und Buchinfluencerin Karla Paul (40) gefragt. Die Antwort: "Ich hatte den Titel zuerst – er war ein Insider zwischen mir und meinem Mann. Als ich dann darüber nachdachte, ein Buch über eine Frau zu schreiben, die sich in einen Hund verwandelt, dachte ich: was für eine schlechte Idee. Also habe ich sofort damit angefangen. Ich mag schlechte Ideen (lacht)", so Yoder. "Ich wusste nur, es würde ein wütendes Buch werden, das auch Humor braucht."

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Und genau das ist es schließlich auch geworden: Dabei steckt eine sehr persönliche Geschichte hinter dem Roman. Denn als Rachel Yoder "Nightbitch" schrieb, war sie gerade selbst Mutter eines zweijährigen Jungen.

Rachel Yoder: "Wir müssen weg von dem Bild der 'heiligen Mutter'"

Julia Nachtmann (v.l.), Rachel Yoder und Karla Paul sprachen am Dienstagabend über die "Nightbitch".
Julia Nachtmann (v.l.), Rachel Yoder und Karla Paul sprachen am Dienstagabend über die "Nightbitch".  © TAG24/Franziska Rentzsch

Sie selbst machte die Erfahrung, dass sie als emanzipierte Frau plötzlich in patriarchale Strukturen und ein traditionelles Rollenbild rutschte.

"Ich fühlte mich so hoffnungslos und ziellos", erklärt sie. Die Arbeit an "Nightbitch" sei für sie zunächst wie ein Schutzraum gewesen, in dem sie ihre Gefühle zum Mutter-Sein ordnen konnte, bevor der Roman dann zu einer fiktionalen Story wurde.

Dabei ist der Autorin eines wichtig: Bei "Nightbitch" geht es nicht um das Motiv der "Regretting Motherhood". Ihre Protagonistin sei gerne Mutter und liebe ihr Kind – und habe sich vor ihr ein Abgrund aufgetan: Denn als Mutter werde plötzlich von ihr erwartet, glücklich zu sein, in ihrer Rolle aufzugehen, klaglos eine neue Identität anzunehmen. "Sie kämpft nicht gegen das Mutter-Sein, sondern gegen die Institution der Mutterschaft."

Und Rachel Yoder schloss den Abend mit eindrucksvollen Worten: "Wir müssen weg von dem Bild der 'heiligen Mutter' – und jetzt sage ich das auch noch in einer Kirche."

Titelfoto: TAG24/Franziska Rentzsch

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