Im Grab mit Tutanchamun: "Wir wollen keine Distanz, sondern ein wirkliches Eintauchen in die Geschichte!"
Hamburg - Mit Pharao Tutanchamun im goldenen Sarg liegen, sich gemeinsam auf die Reise zum Totengericht begeben oder der Perspektive seiner eigenen Geschichte lauschen - all das können die Besucher ab Freitag in der neuen Ausstellung "Tutanchamun - das immersive Ausstellungserlebnis" in Hamburg-Ottensen erleben. TAG24 war bei der Deutschlandpremiere am heutigen Donnerstag dabei und hat sich selbst in das alte Ägypten entführen lassen.
Nach einer Einführung in die Geschichte des alten Ägyptens und einem groben Überblick zum Jahrhundertfund am 4. November 1922 – die Entdeckung des nahezu ungeplünderten Grabes des jungen Pharaos Tutanchamun (regierte in Ägypten von 1332 bis 1323 v. Chr.) – erwartet den Besucher auch schon direkt das erste Highlight der multimedialen Ausstellung.
Über eine Virtual-Reality-Brille wird man quasi selbst zum Pharao und erfährt am "eigenen Leib" den Weg Tutanchamuns zum unsterblichen Gott. In der legendären Grabstätte beginnend führt der Weg über verschlungene - teils schwindelerregende - Pfade des Totenbuchs bis zum Gericht des Osiris.
Das dabei entstehende "göttliche Gefühl" soll den Besuchern laut den Veranstaltern den Kontrast zur heutigen Zeit spürbar machen.
Schließlich sind Pyramidenbauten allein zu Ehren von Göttern und Bedienstete, die sich mit ihrem Herrscher lebendig begraben lassen, nur noch sehr schwer vorstellbar. Aber faszinierend.
"Tutanchamun ist einfach eine Figur beziehungsweise ein Pharao, die bis heute die Leute begeistert. Und obwohl wir dank der Entdeckung so viel über ihn wissen, wissen wir gleichzeitig sehr wenig über ihn. Und genau das macht dieses Mystische und Geheimnisvolle aus, was die Menschen bis heute fasziniert", erklärte Dr. Nepomuk Schessl, Geschäftsführer von Alegria Exhibition, im Gespräch mit TAG24.
Eine neue Art, Geschichte zu erzählen: "Gerade, wo die Konkurrenz in der Hosentasche so groß ist!"
Nachdem man sich kurz wieder an die reale Welt gewöhnt hat, erwartet den Besucher auch schon Tutanchamuns Sarg zusammen mit weiteren detailgetreuen Repliken aus seinem Grab. Aber auch über 3000 Jahre alte Original-Artefakte ergänzen das immersive Erlebnis.
"Original-Artefakte können nie ersetzt werden, die haben ihre ganz eigene Faszination. Deswegen haben wir hier ja auch welche, die einem noch mal eine ganze andere Ehrfurcht vor der Geschichte einflößen", so Dr. Schessl.
"Gleichzeitig ist es so, dass neue Arten, Geschichte zu erzählen, um Menschen mitzunehmen und auch zu begeistern, natürlich immer gefragter werden. Gerade jetzt, wo die Konkurrenz in der Hosentasche so groß ist."
Was das Smartphone in der Hosentasche aber nicht bieten kann, ist das Herzstück der Ausstellung: das 30-minütige immersive Erlebnis. In einem großen Raum sitzend wird man mithilfe von 3-D-Projizierungen und Licht- und Video-Installationen in das alte Ägypten entführt und lauscht Tutanchamun persönlich – kurz unterbrochen von der Original-Stimme von Howard Carter († 64), der 1922 das Grab des Pharaos entdeckte und selbst einen kleinen Einblick in einen der außergewöhnlichsten Archäologiefunde der Geschichte gibt.
"Durch die zwei Erzählperspektiven ist man viel näher an ihm [Tutanchamun] dran, als wenn jetzt jemand Drittes berichtet. Wir wollen keine Distanz, sondern ein wirkliches Eintauchen in die Geschichte", betont der Geschäftsführer.
So entsteht beispielsweise das Gefühl, dass einem wirklich Skarabäus-Käfer über die Beine laufen oder man selbst eine rasende Fahrt auf dem Nil unternimmt.
"Hier kann man jetzt keine wissenschaftlichen Abhandlungen erwarten!"
Und obwohl immersive Ausstellungen immer beliebter werden (Alegria Exhibition feierte bereits große Erfolge mit Ausstellungen über Monet und Frida Kahlo), sollen sie den klassischen Museumsbesuch auf gar keinen Fall ersetzen, wie Dr. Schessl gegenüber TAG24 betont.
"Hier kann man jetzt keine wissenschaftlichen Abhandlungen erwarten, sondern man wird in eine Welt eingeführt. Wenn wir es dann geschafft haben, die Leute zu begeistern, ist die Idee, dass die Menschen danach ins ägyptische Museum gehen und sich intensiv mit der Geschichte auseinandersetzen."
Allerdings wird "Tutanchamun - das immersive Ausstellungserlebnis" bald tatsächlich Teil einer Museums-Ausstellung werden und in seine Heimat nach Ägypten reisen. Das immersive Erlebnis wird dann im neuen "Grand Egyptian Museum" in Gizeh, das im November Teileröffnung feiert, zu erleben sein.
"Die [Kuratoren] haben sich weltweit verschiedene Ausstellungen und auch Formate angeschaut und sind letzten Endes bei unserer Ausstellung hängen geblieben und fanden die besonders gut, was natürlich eine Riesenehre für uns ist", so Dr. Schessl stolz.
In Hamburg ist die Ausstellung noch bis zum 31. Januar 2024 zu sehen. In Stuttgart wird die Wanderausstellung am 8. Dezember eröffnet und in Wien ist sie noch bis zum 21. Januar 2024 zu sehen. Tickets gibt es unter tutanchamun-immersiv.de. Der Veranstalter empfiehlt den Online-Ticketkauf zur Vermeidung von Wartezeiten.
Titelfoto: MAD