"Völlig überflüssige Tat": Urteil nach Schuss im Phoenix-Viertel gefallen
Von Bernhard Sprengel
Hamburg - Wegen eines Schusses auf einen Mann auf offener Straße in Hamburg-Harburg hat das Landgericht einen Angeklagten zu vier Jahren Haft verurteilt.

Hintergrund der Tat vom 27. August vergangenen Jahres im Phoenix-Viertel war ein Streit im Zuhältermilieu, wie die Vorsitzende Richterin Jessica Koerner erklärte. Der 32 Jahre alte Angeklagte muss dem Opfer, das am Bein verletzt wurde, 3000 Euro Entschädigung zahlen.
In der Nacht vor der Tat war der 32-Jährige in einem Bordell im Stadtteil Hammerbrook gewesen und dort mit dem Wirtschafter des Etablissements in Streit geraten, weil er eine Prostituierte geschubst hatte. Die beiden Männer konnten den Streit jedoch beilegen und der Angeklagte nahm sich eine andere Prostituierte, wie die Richterin ausführte.
Am frühen Morgen fuhren die Männer gemeinsam in einem Auto los. Auf den Elbbrücken bemerkte der Angeklagte, dass sein Mitfahrer das Gespräch mit dem Handy aufzeichnete. Er entriss ihm das Telefon und gab ihm fünf Faustschläge, wobei der Wagen ins Schleudern geriet. Der Angeklagte, der sich als Kampfsportler überlegen fühlte, forderte den Bordell-Wirtschafter zum Aussteigen auf. Dieser ergriff daraufhin die Flucht.
Wenig später habe der Angeklagte Vergeltungsmaßnahmen aus dem Zuhältermilieu befürchtet, sagte die Richterin. Am Morgen habe er darum einen Bekannten angerufen, der möglicherweise ebenfalls in dem Bordell tätig war und für ihn den Streit schlichten sollte.
Vielfach vorbestrafter Angeklagter nimmt Urteil an

In mehreren Telefonaten sei der 32-Jährige aber auch mit diesem Mann aneinandergeraten. Schließlich sei der Angeklagte am Telefon ganz freundlich geworden und habe den unwilligen Streitschlichter zum Essen nach Harburg eingeladen.
Zu dem vereinbarten Treffen sei der 32-Jährige in Begleitung von drei Männern aufgetaucht. Als der eigentlich zum Essen eingeladene Bekannte diese Männer begrüßte, schoss ihm der Angeklagte plötzlich von hinten ins Bein.
Nach der Tat flüchtete der 32-Jährige in die Schweiz, wo nach Angaben der Richterin eine frühere Partnerin mit einem gemeinsamen Kind lebt. Am 7. September stellte er sich dort der Polizei. "Wir haben es wie so oft mit einer völlig überflüssigen Tat zu tun", betonte Koerner. Der Angeklagte habe aus einem übersteigerten Ehrgefühl gehandelt.
Als Kampfsportler habe er sich eine gehobene Position zugeschrieben. Der vielfach vorbestrafte Angeklagte nahm das Urteil noch im Gerichtssaal an.
Titelfoto: Bernhard Sprengel/dpa