Hamburg wählt morgen eine neue Bürgerschaft: So ist die politische Lage

Von Markus Klemm

Hamburg - Es ist die einzige Wahl auf Landesebene in diesem Jahr. Und vor allem für die im Bund abgestrafte SPD dürfte die Bürgerschaftswahl Balsam sein. Denn Hamburg wählt traditionell sozialdemokratisch.

Die Hamburgische Bürgerschaft ist das Landesparlament des Stadtstaates. (Archivbild)
Die Hamburgische Bürgerschaft ist das Landesparlament des Stadtstaates. (Archivbild)  © Lukas Schulze/dpa

Die Stadt liebt ihre Traditionen. So feiern die Hanseaten seit Jahrzehnten alljährlich vor einem Millionenpublikum ihren Hafen, führen stolz schon seit 1897 im Rathaus ein Goldenes Buch oder begehen seit Jahrhunderten das Matthiae-Mahl als ältestes Festmahl der Welt.

Auch in der Politik sind die Hamburgerinnen und Hamburger Traditionalisten, haben bei den bislang 22 Bürgerschaftswahlen der Nachkriegszeit 19-mal einen Sozialdemokraten zum Bürgermeister gemacht.

Und auch diesmal sieht es danach aus, dass die rund 1,3 Millionen Wahlberechtigten am Sonntag bei der 23. Bürgerschaftswahl ihre Kreuze mehrheitlich bei der SPD setzen werden – wie schon bei der Bundestagswahl am vergangenen Sonntag, als die meisten Stimmen auf die Partei des früheren Hamburger Bürgermeisters und Bundeskanzlers Olaf Scholz (66, SPD) entfielen. Das schaffte die SPD sonst nur noch in Bremen.

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Bei der Wahl in Hamburg sehen Umfragen die Sozialdemokraten – ganz anders als im Bund oder vielen anderen Ländern – bei jenseits der 30 Prozent. Für Bürgermeister Peter Tschentscher (59, SPD) wiederum bedeutet das: Wenn es tatsächlich so kommt, steht einer weiteren Amtszeit praktisch nichts mehr im Wege.

Rot-Grün regiert in Hamburg seit zehn Jahren

Die Chancen für Bürgermeister Peter Tschentscher (59) stehen gut, dass seine SPD die meisten Stimmen erhält.
Die Chancen für Bürgermeister Peter Tschentscher (59) stehen gut, dass seine SPD die meisten Stimmen erhält.  © Christian Charisius/dpa

Die SPD regiert die Hansestadt seit 2015 zusammen mit den Grünen, seit 2020 verfügen beide Fraktionen im Rathaus sogar über eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Dass das so bleibt, ist jedoch unwahrscheinlich. Denn auch in Hamburg müssen SPD und Grüne Umfragen zufolge mit Verlusten rechnen, werden ihre Ergebnisse von 2020 mit 39,2 und 24,2 Prozent wohl nicht halten können.

Denn ein kriselnder Hafen, wenig berauschende Wirtschaftsdaten, hohe Mieten bei einem knappen Wohnungsangebot sowie Staus und Baustellen vermiesen etlichen Hamburgern die Laune, lassen Rot-Grün in Hamburg also nicht durchwegs glänzen.

Vor allem für die Grünen mit ihrer Spitzenkandidatin und Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank (48) könnte es hart werden, drohen sie doch Umfragen zufolge hinter die CDU auf Platz drei zu fallen.

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Für die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Dennis Thering (40) dagegen dürfte es bergauf gehen, was jedoch nicht sonderlich verwunderlich wäre, haben die Christdemokraten doch bei der Wahl 2020 mit 11,2 Prozent ihr historisch schlechtestes Ergebnis eingefahren.

Zum Vergleich: Unter dem CDU-Bürgermeister Ole von Beust (69) schafften die Christdemokraten bei den Wahlen 2004 und 2008 Werte von jenseits der 40 Prozent.

CDU macht sich Hoffnung auf Regierungsbeteiligung

CDU-Spitzenkandidat Dennis Thering (40) hofft auf ein schwarz-rotes Bündnis nach der Wahl.
CDU-Spitzenkandidat Dennis Thering (40) hofft auf ein schwarz-rotes Bündnis nach der Wahl.  © Marcus Brandt/dpa

Wie schon bei der Bundestagswahl am vergangenen Sonntag können sich Linke und die AfD Hoffnungen auf deutliche Stimmenzuwächse machen. Für die bislang im traditionell linksorientierten Hamburg eher unbedeutende AfD fallen diese aber mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit deutlich geringer aus als etwa im Osten der Republik. Meinungsforscher sehen beide Parteien bei Werten um die zehn Prozent oder leicht darüber.

Wenige bis gar keine Chancen bei der Wahl am Sonntag haben den Umfragen zufolge das erstmals antretende BSW sowie die FDP, die aktuell auch nur deshalb noch mit einem einzigen Abgeordneten in der Bürgerschaft vertreten ist, weil ein SPD-Mann zu den Liberalen übergetreten ist. Beide Parteien werden Umfragen zufolge an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.

Entsprechend der allgemeinen Lage verlief bislang auch der Wahlkampf, der vor allem bei SPD und Grünen – Tschentscher möchte das rot-grüne Bündnis fortsetzen – eher eine Kuschelei denn ein Kampf war. Erst gegen Ende empörte Tschentscher die Grünen, weil er ihnen Senatorenposten wegnehmen will.

Außerdem warnte er vor einer grün-schwarzen Koalition, welche CDU-Mann Thering jedoch in der Hoffnung auf ein schwarz-rotes Bündnis bereits ausgeschlossen hat. Und da Tschentscher wiederum der CDU schon die Regierungsfähigkeit abgesprochen hat, dürfte damit in Hamburg alles bleiben wie gehabt, nämlich bei Rot-Grün.

Titelfoto: Lukas Schulze/dpa

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