Antisemitismus-Prozess in Hamburg: Auch Angriff vor Pro-Palästina-Camp wird verhandelt
Von Martin Fischer
Hamburg - Im Prozess um eine mutmaßlich antisemitische Attacke während einer Veranstaltung an der Universität Hamburg hat die Generalstaatsanwaltschaft für die 27 Jahre alte Angeklagte eine zehnmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung gefordert.

Zudem sprach sich die Anklagevertreterin vor dem Amtsgericht Hamburg dafür aus, die Bewährung auf drei Jahre festzusetzen.
Der Anwalt des Opfers - einer 55-Jährigen, die als Nebenklägerin auftritt - sprach von "motivisch feststellbarem Antisemitismus" und forderte eine Freiheitsstrafe zwischen zehn Monaten und einem Jahr auf Bewährung.
Die Generalstaatsanwaltschaft sah es als erwiesen an, dass die Angeklagte die 55-Jährige im Mai 2024 im Anschluss an eine Ringvorlesung zu aktuellen Formen antijüdischer Gewalt an der Uni beleidigt, ins Gesicht geschlagen und verletzt hat. Die Geschädigte ist ein Vorstandsmitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in Hamburg.
Nach Angaben der Nebenklägerin hatte die Angeklagte sie als "hässliche Hexe" bezeichnet. Als sie die 27-Jährige gefragt habe, ob sie das vor laufender Handykamera noch einmal wiederholen möchte, habe diese sie angegriffen.
Die Angeklagte hatte diese Darstellung bestritten und ihrerseits die 55-Jährige bezichtigt, die Auseinandersetzung provoziert zu haben.
Hemmschwelle der Angeklagten sei "sehr, sehr niedrig"

Neben dem Vorfall an der Uni wird in dem Prozess auch ein Fall in einem propalästinensischen Protestcamp nahe der Hochschule mitverhandelt, bei dem die Angeklagte sich im August vergangenen Jahres laut Staatsanwaltschaft des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, der Körperverletzung und der Beleidigung schuldig gemacht habe.
Sie soll versucht haben, die Festnahme eines Mannes in dem Camp zu verhindern und dabei Polizeibeamte geschlagen, getreten und beschimpft haben. Eine Polizistin wurde durch einen Faustschlag ins Gesicht verletzt.
Die Angeklagte sei ein beiden Fällen "sehr vehement und massiv" vorgegangen, sagte die Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft. Ihre Hemmschwelle, Personen - auch Frauen - ins Gesicht zu schlagen, sei "sehr, sehr gering". Deshalb sei eine dreijährige Bewährung in diesem Fall angebracht.
Der Nebenklagevertreter hatte von einer "radikalisierten propalästinensischen Szene" gesprochen und sein Plädoyer mit der Mahnung eingeleitet, "dass wir in der Bundesrepublik Deutschland antisemitische Handlungen keinesfalls akzeptieren dürfen".
Titelfoto: dpa/David Hammersen