Konzert von Skandal-Musiker Roger Waters sorgte für Protest
Frankfurt am Main - Zum umstrittenen Konzert des britischen Rockmusikers Roger Waters (79) am gestrigen Pfingstsonntag haben Vertreter aus der Politik und von Religionsgemeinschaften in der Mainmetropole Frankfurt zu einem entschiedenen Eintreten gegen Antisemitismus, Hass und Hetze aufgerufen.
"Judenhass ist überall in unserer Stadt zu verurteilen", sagte der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef (40, SPD) am Sonntag. "Es gibt keinen Grund, einen Menschen wegen seiner Religion zu hassen, zu beleidigen und anzugreifen." Die Bürgerpflicht sei, "jeden Tag klare Kante gegen Antisemitismus zu zeigen".
Dem Pink-Floyd-Mitbegründer Waters warf Josef vor, "unter dem Deckmantel der Freiheit" antisemitisches Gedankengut zu verbreiten, "und so jemanden wollen wir nicht in unserer Stadt haben", sagte Josef.
Waters wurde zuletzt immer wieder Antisemitismus vorgeworfen, bundesweit hatte es viel Kritik an den Konzerten des britischen Musikers gegeben. Unter anderem wird der 79-Jährige für seine Nähe zur BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) kritisiert, die zum Boykott des Staates Israel und seiner Güter wegen des Vorgehens gegenüber den Palästinensern aufruft.
Am Freitag war bekannt geworden, dass die Berliner Polizei Ermittlungen gegen Waters wegen des Verdachts der Volksverhetzung aufgenommen hat. Hintergrund ist die Bühnenbekleidung des Musikers während seiner Konzerte am 17. und 18. Mai in der Mercedes-Benz-Arena in Berlin.
So war er in Videos in sozialen Medien in einem langen schwarzen Mantel mit Schulterklappen und einer roten Armbinde zu sehen, auf der ein weißer Kreis mit einem Symbol abgebildet ist. Auch in München stand Waters vor einer Woche zeitweise in schwarzem Ledermantel und mit roter Armbinde auf der Bühne.
Roger Waters änderte Bühnenshow für Auftritt in Frankfurt
In Frankfurt änderte Waters am Sonntagabend diesen Teil seiner Bühnenshow. Weil er die Geschichte der Frankfurter Festhalle kenne, verzichte er darauf, sich im zweiten Teil seiner Show "als Demagoge" zu verkleiden, sagte er.
Er fühle das Leid, das den Menschen 1938 in der Halle widerfahren sei. Er wisse, dass ihm viele Menschen vorwerfen, ein Antisemit zu sein. "Das bin ich nicht", sagte Waters unter dem Jubel vieler Zuschauer. Kurzzeitig brach der Musiker auch in Tränen aus.
Bei früheren Konzerten hatte er auch Ballons in Schweineform mit einem Davidstern aufsteigen lassen. Auch in Frankfurt stieg am Sonntag ein solcher Ballon auf, aber wie bei den anderen bisherigen Deutschland-Konzerten ohne Davidstern.
Schon zuvor hatte sich Waters gegen den Verdacht der Volksverhetzung gewehrt. "Die Elemente meines Auftritts, die infrage gestellt wurden, sind ganz klar ein Statement gegen Faschismus, Ungerechtigkeit und Bigotterie in all ihren Formen", hieß es in einem Statement, das ein Anwalt Waters' veröffentlicht hatte.
Zu dem Gedenken und der Kundgebung in Frankfurt hatte ein Bündnis mit Vertretern aus Politik, von Religionsgemeinschaften und aus der Zivilgesellschaft aufgerufen. Die Polizei sprach von rund 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Man wolle ein Zeichen gegen Antisemitismus, gegen Israel-Hass und gegen Verschwörungstheorien setzen, sagte Michaela Fuhrmann, Leiterin Politische Beziehungen der Jüdischen Gemeinde Frankfurt.
Einige Teilnehmer hielten Schilder hoch mit Aufschriften wie "Israel, wir sind an Deiner Seite" und "Roger Waters, wish you were not here" (Deutsch: Roger Waters, wir wünschten, Du wärest nicht hier) und "Roger Waters, we don't need your education" als Anspielung auf zwei der bekanntesten Songs der britischen Band Pink Floyd, bei der Waters einer der Sänger war.
Frankfurter Festhalle war Tatort der Pogromnacht 1938
In der Frankfurter Festhalle als Veranstaltungsort des Konzerts waren im Zuge der Pogromnacht 1938 mehr als 3000 jüdische Männer zusammengetrieben, festgehalten und misshandelt worden, um schließlich deportiert zu werden. Zum Gedenken an sie wurden Namen verlesen und Gebete gesprochen. Auch mit einer Schweigeminute gedachten die Teilnehmer der Opfer.
Ursprünglich sollte Waters' Show in Frankfurt wegen Antisemitismusvorwürfen abgesagt werden. Waters hatte dagegen geklagt und vom Frankfurter Verwaltungsgericht Ende April Recht bekommen.
Das Gericht hatte sich in seiner Entscheidung auch auf die Kunstfreiheit berufen. Zwar bediene sich Waters im Rahmen seiner Bühnenshow offenkundig einer an die nationalsozialistische Herrschaft angelehnten Symbolik. Der Auftritt relativiere oder verherrliche aber nicht die nationalsozialistischen Gräueltaten, befand das Gericht.
Titelfoto: Andreas Arnold/dpa