Missbrauchs-Vorwürfe am Erfurter Theater: Stadt-Mitarbeiterin entlassen - Kritik an OB Bausewein
Erfurt - Am Theater in Erfurt sieht man sich mit Vorwürfen sexueller Übergriffe und Machtmissbrauch konfrontiert. Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt wurde laut übereinstimmenden Berichten inzwischen fristlos gekündigt.
Mehr als zwei Wochen nach Bekanntwerden von schwerwiegenden Vorwürfen in Richtung Erfurter Theater als auch Oberbürgermeister Andreas Bausewein (50, SPD) wurde Mary-Ellen Witzmann laut übereinstimmenden Berichten fristlos gekündigt.
Auf Nachfrage von TAG24 bat die Stadt am Montag um Verständnis, dass man sich zu "Personalangelegenheiten" nicht äußere. Im Oktober sah dies noch ein wenig anders aus. Hier sah sich Witzmann in einer offiziellen Mitteilung der Stadt mit Vorwürfen konfrontiert.
Hintergrund dieser Stellungnahme waren Berichte der Zeitung "Thüringer Allgemeine", wonach die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Erfurt, Mary-Ellen Witzmann, seit Wochen zu Vorwürfen sexuell motivierter Pflichtverletzungen gegenüber weiblichen Personen und Machtmissbrauch auf verschiedenen Ebenen im Theater Erfurt ermittle.
Gleichzeitig sehe sie sich von Oberbürgermeister Bausewein massiv in ihrer Arbeit behindert, hieß es. In einer Mitteilung der Stadt hieß es vor mehr als zwei Wochen, dass der Oberbürgermeister zwischenzeitlich eine Kommission beauftragt habe, die den Vorwürfen auch ohne die Unterstützung der Gleichstellungsbeauftragten nachgehen werde.
Laura Wahl und Co.: "Bauseweins Signal ist verheerend"
Aus der Erfurter, beziehungsweise Thüringer Politik sieht sich die Stadt hingegen erneut mit Vorwürfen konfrontiert. In einem gemeinsamen Statement von Lilli Fischer (CDU), Katja Maurer (*1991, Linke), Laura Wahl (29, Grüne) und Jana Rötsch (Fraktion Mehrwertstadt) heißt es: "Besorgt sind wir angesichts der erfolgten Kündigung der Gleichstellungsbeauftragten."
Man werte dies als eine "Erschwerung der Aufklärung" durch den Oberbürgermeister. Die bisherige Gleichstellungsbeauftragte könne nicht mehr zur Aufklärung beitragen, obwohl sie möglicherweise die einzige sei, zu der Betroffene ein Vertrauensverhältnis aufgebaut haben.
"Dieses Signal des OBs an Betroffene von sexualisierter Gewalt und an künftige Gleichstellungsbeauftragte ist verheerend", heißt es. Der Oberbürgermeister habe bisher ein solidarisches Verhalten "im Sinne der Betroffenen" vermissen lassen.
"Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum nach der Suspendierung der Gleichstellungsbeauftragten noch eine Kündigung erfolgt. Wir erwarten zeitnah ein klares Statement und eine Erklärung des OBs hierzu", heißt es. Dahingegen begrüße man die Beauftragung einer Anwaltskanzlei, "welche unabhängig von der Stadtverwaltung die Vorgänge untersucht".
Berliner Anwaltskanzlei beauftragt
Der Kulturbeigeordnete Dr. Tobias J. Knoblich (52, parteilos) sagte Ende Oktober laut Stadt, dass man eine Berliner Anwaltskanzlei beauftragt habe, "unverzüglich mit einer Untersuchung der mutmaßlichen Vorgänge am Theater Erfurt zu beginnen und diese konsequent durchzuführen".
Über diese Ermittlungen hinaus habe die Stadtverwaltung auch die Staatsanwaltschaft in den Ermittlungsvorgang eingebunden, hieß es seitens der Stadt.
In Ergänzung zu der Kanzlei brauche es jedoch nach Ansicht der verschiedenen Fraktionsmitglieder eine Opferanwältin, "welche Erfahrung mit dem Umgang von Betroffenen sexualisierter Gewalt und der Aufklärung solcher Vorfälle mitbringt".
Titelfoto: Martin Schutt/dpa