Boykott-Aufrufe nach AfD-Erfolg: Stadt Sonneberg prüft juristische Schritte, der MDR bekommt Post

Sonneberg - Die Stadt Sonneberg sowie Vertreter aus der hiesigen Wirtschaft stellen sich vehement gegen Boykott-Aufrufe für Unternehmen sowie für den kompletten Landkreis Sonneberg. Seitdem am vergangenen Sonntag AfD-Politiker Robert Sesselmann (50) in einer demokratischen Wahl zum Landrat gewählt worden ist, sieht man sich offenbar mit extremen Reaktionen konfrontiert.

Kommen einfach nicht mehr aus den Schlagzeilen: die Stadt Sonneberg und ihr Landkreis - und das alles wegen einer Landratswahl. (Symbolbild)
Kommen einfach nicht mehr aus den Schlagzeilen: die Stadt Sonneberg und ihr Landkreis - und das alles wegen einer Landratswahl. (Symbolbild)  © Martin Schutt/dpa

"Unsere Wirtschaft anzugreifen, geht gar nicht", betonte Sonnebergs Bürgermeister Dr. Heiko Voigt (62, parteilos) in der zurückliegenden Stadtratssitzung laut Mitteilung. Die Stadt prüfe "juristische Konsequenzen" gegen derlei Anfeindungen. Den Angaben nach würden diese auf die Stadtverwaltung, die Betriebe und die Dienstleister "hereinprasseln".

"Wir werden nicht zulassen, dass unsere Unternehmen und unser Ruf nachhaltig geschädigt werden und wir verwehren uns gegen derartige Boykott-Aufrufe, wie sie etwa von einem MDR-Mitarbeiter gegen den ganzen Landkreis [...] schon öffentlich ausgesprochen wurden", stellte Voigt unmissverständlich klar.

Dabei spielte Sonnebergs Bürgermeister auf einen Tweet eines MDR-Journalisten an. Jener Redakteur hatte zum Boykott des kompletten Landkreises "auf allen Ebenen" aufgerufen! An die Intendantin des MDR wird nach Angaben der Stadt "in Kürze" ein Schreiben bezüglich eines "diffamierenden Posts" einer ihrer Mitarbeiter gesandt.

AfD-Mann legt Thüringer Landtag lahm: Sitzung bis Samstag unterbrochen
Erfurt Politik AfD-Mann legt Thüringer Landtag lahm: Sitzung bis Samstag unterbrochen

Mit einer Welle an Anfeindungen und Boykott-Aufrufen sieht sich nach eigenen Angaben auch der international bekannte Modelleisenbahnhersteller PIKO aus Sonneberg konfrontiert.

Bürgermeister Heiko Voigt: Das Maß ist voll!

Nach Angaben von Sonnebergs Bürgermeister Heiko Voigt (62, parteilos) prüft die Stadt juristische "Konsequenzen". (Archivbild)
Nach Angaben von Sonnebergs Bürgermeister Heiko Voigt (62, parteilos) prüft die Stadt juristische "Konsequenzen". (Archivbild)  © IMAGO/ari

In einem Statement des Geschäftsführers Dr. René F. Wilfer auf der Website des Unternehmens heißt es, dass man angesichts dieser Reaktionen erschrocken sei. Wilfer wandte sich auch in einem persönlichen Video an die Öffentlichkeit.

"Ich bin sehr betroffen darüber, dass Menschen in unserem Land so extrem auf eine demokratische Wahl reagieren, und einen ganzen Landstrich in 'Sippenhaft' nehmen", so Wilfer.

Jeder möge das Ergebnis der Wahl "unterschiedlich" beurteilen, aber "jede Form der Instrumentalisierung und Ideologisierung unseres Unternehmens" lehne man ab. PIKO vertrete keine politische "Gesinnung".

Showdown in Thüringen: Abgeordnete wollen Präsidenten wählen - AfD hat Vorschlagsrecht
Erfurt Politik Showdown in Thüringen: Abgeordnete wollen Präsidenten wählen - AfD hat Vorschlagsrecht

Auch die Privatbrauerei Gessner - mit Sitz in Sonneberg - meldete sich zu Wort. In einer Mitteilung heißt es, dass man in Zusammenhang mit der Wahl "in den sozialen Medien in eine bestimmte politische Richtung und Ideologie gedrängt" werde.

Es liege nicht in ihrer Hand, "für welche Zwecke unser Unternehmen und unsere Produkte von Außenstehenden für ihre politische und ideologische Gesinnung herangezogen werden." Man distanziere sich aber "nochmals unmissverständlich" davon.

Bürgermeister Voigt fasste es nach Angaben der Stadt nochmals zusammen: "Für das politische Geschehen in der Stadt sollen nun jene einstehen, die seit Jahren attraktive und sichere Arbeitsplätze bieten, die sich um das touristische Image der Stadt kümmern und unsere wirtschaftliche Kraft tragen." Das habe ein Maß erreicht, das nicht geduldet werde.

Titelfoto: Martin Schutt/dpa/Montage/

Mehr zum Thema Erfurt Politik: