Altenburger OB erntet nach Flüchtlings-Tweet scharfe Kritik und liefert Steilvorlage für die AfD

Altenburg - Altenburgs Oberbürgermeister André Neumann (44, CDU) zeichnet in den sozialen Medien ein düsteres Bild von der eigenen Heimat. Ein Twitter-Beitrag des gebürtigen Altenburgers bleibt nicht unkommentiert.

Altenburgs Oberbürgermeister (44, CDU) kritisiert die Bundesregierung, erntet mit seinem Tweet aber selbst Kritik. (Archivbild)
Altenburgs Oberbürgermeister (44, CDU) kritisiert die Bundesregierung, erntet mit seinem Tweet aber selbst Kritik. (Archivbild)  © Kristin Schmidt/dpa

"Ländlicher Raum + 25 % AfD = nicht mal Flüchtende aus Kriegsgebieten wollen dahin", schreibt Neumann. Darüber hinaus kritisiert der CDU-Politiker die Bundesregierung. "Eine bei der Verteilung versagende Bundesregierung tut seinen Rest", heißt es auf dem offiziellen Twitter-Kanal.

Das klingt so, als ob eine nicht versagende Bundesregierung - um im Bild Neumanns zu bleiben - es immerhin geschafft hätte, die Kriegsflüchtlinge, die sich für den ländlichen Raum scheinbar durch die Bank hinweg zu schade sind, dorthin zu verdonnern.

"Helfer und geschaffene Infrastruktur warten so vergebens auf die Ukrainerinnen und Ukrainer", heißt es in dem Tweet des 44-Jährigen abschließend.

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Indirekt zeichnet Neumann damit auch ein düsteres Bild von der eigenen Heimat. Immerhin darf man Altenburg guten Gewissens der Kategorie "ländlich" zuordnen und bei der Bundestagswahl 2021 erreichte der Wahlkreis Gera - Greiz - Altenburger Land die meisten Zweitstimmen - die AfD hat auch in diesem Teil Thüringens viele Wähler.

Für seinen Twitter-Beitrag erntet der OB kaum Zustimmung. Die Kommentare gehen überwiegend in die Richtung Unverständnis. "Eine ziemlich traurige Selbsteinschätzung der eigenen Region. Schade", schreibt eine Userin. Sie dankt allen engagierten Altenburgern "für die große Unterstützung" der "bereits hier" angekommenen Flüchtlinge.

Brandner: Neumann soll runter vom "Twitter-Sofa"

Er muss gar nicht viel machen: Stephan Brandner (55, AfD) verwendet Neumanns unglücklichen Twitter-Beitrag einfach gegen ihn. (Archivbild)
Er muss gar nicht viel machen: Stephan Brandner (55, AfD) verwendet Neumanns unglücklichen Twitter-Beitrag einfach gegen ihn. (Archivbild)  © Michael Kappeler/dpa

Ein weiterer User schreibt: "Altenburg hat schwiege Ecken und Kanten. Aber: Altenburg hilft jetzt auch. Wir sind in einem privaten Netzwerk, dass momentan unglaubliches leistet. Dieses menschliche Gesicht steht den Schwierigkeiten entgegen." (Rechtschreibung übernommen)

Ein anderer User kommentiert: "Wenn ich Altenburger wäre, würde ich mir einen optimistischen Oberbürgermeister wünschen…"

Auch einer der von Neumann angegebenen Gründe namens "AfD", weshalb seiner Ansicht nach keine Flüchtlinge nach Altenburg wollen, ist für eine Userin nicht haltbar. "Die meisten wollen schlicht und einfach nicht auf´s Land. Ärztemangel, schlechte Verkehrsanbindung, Jobangebote (wenn gewünscht) sehe ich eher als Grund." (Rechtschreibung übernommen)

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Keine Frage, dass sich die AfD die durch Neumanns Post ergebene Steilvorlage nicht nehmen ließ. AfD-Bundestagsmitglied Stephan Brandner (55), direkt gewählter Abgeordneter für den Wahlkreis 194 (Gera - Greiz - Altenburger Land) konterte: „Jeder weiß: Altenburg ist eine Perle, die es verdient hätte, einen Oberbürgermeister zu haben, der sich tatsächlich um die Belange der Stadt kümmert und die Attraktivität vorantreibt, statt sich auf Twitter zu konzentrieren und gegen die eigenen Bürger zu hetzen."

Anstatt die Schuld auf andere zu schieben, solle sich Neumann "an die eigene Nase fassen, vom Twitter-Sofa aufstehen und für die Stadt aktiv werden", so der aus Westfalen stammende Brandner.

"Solche Aussagen sind die beste Werbung für die AfD", kommentiert ein Facebook-User unter den von Stephan Brandner geposteten Beitrag.

Landrätin Schweinsburg: "Die Zuteilung verläuft gewohnt chaotisch"

Nach Ansicht der Greizer Landrätin Martina Schweinsburg (63, CDU) spielt die AfD beziehungsweise ein durch sie verstärktes Image der Ausländerfeindlichkeit bei den Kriegsflüchtlingen, die aufs Land kommen, keine Rolle. (Archivbild)
Nach Ansicht der Greizer Landrätin Martina Schweinsburg (63, CDU) spielt die AfD beziehungsweise ein durch sie verstärktes Image der Ausländerfeindlichkeit bei den Kriegsflüchtlingen, die aufs Land kommen, keine Rolle. (Archivbild)  © Bodo Schackow/dpa-Zentralbild/dpa

Gegenüber der Zeitung "Thüringer Allgemeine" (TA) verteidigte Altenburgs Oberbürgermeister André Neumann seinen Tweet. In Zusammenhang mit der AfD sagte er: „Die Ukrainer sind ja nicht dumm“ sowie „Die Zahlen zur höheren Abneigung gegenüber Zuwanderern und den Wahlergebnissen der AfD finden sie im Internet.“

Der Oberbürgermeister habe über Dritte auch selbst von Flüchtlingen gehört, dass das sehr wohl ein Thema sei. "Aus diesem Grund kämen auch so wenige Ukrainer auf dem Land an", heißt es.

Anders sieht es Martina Schweinsburg (63, CDU), Nicht-AfD-Landrätin im Nachbarkreis Greiz. Gegenüber der TA sagte sie, dass dies mit einem durch die AfD verstärkten Image der Ausländerfeindlichkeit nichts zu tun habe. Eher habe man die Erfahrung gemacht, dass die Flüchtlinge mit dem Landleben fremdelten. „Dass Stadtmenschen aus Kiew in eine Großstadt wollen, kann ich ja nachvollziehen“, ergänzte sie.

Die Kritik am Bund teilte sie hingegen. „Die Zuteilung verläuft gewohnt chaotisch“, wird Schweinsburg in dem Beitrag der TA zitiert.

Nach Angaben der TA wurden bis Freitag 9248 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine offiziell in Thüringen regis­triert, knapp 400 davon im Landkreis Altenburger Land. Dabei bezieht man sich auf Zahlen des Landesverwaltungsamtes in Weimar.

Titelfoto: Kristin Schmidt/dpa

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