Lauf-Ass und Polizist Marcel Bräutigam im TAG24-Interview: "Ich kann und will das nicht mehr leisten"

Erfurt - Marcel Bräutigam ist Thüringer, 36 Jahre alt, wohnt seit 15 Jahren in Erfurt und zählt zu den schnellsten Cops Deutschlands. Im ersten Teil des Interviews mit TAG24 verrät der mehrfache deutsche Polizeimeister in verschiedenen Laufdisziplinen sowie Polizei-Europameister (2014) und Polizei-Vize-Europameister (2018) - jeweils im Marathon -, warum er aktuell im Kinderzimmer seines Sohnes schläft, was er beruflich verändern will und worauf er im November größtenteils erstmal pfeift!

Marcel Bräutigam (36) war einst Biathlet, inzwischen ist er ein exzellenter Läufer, der schon diverse Erfolge verbuchen konnte - darunter der Deutsche Meistertitel über 50 Kilometer (2019).
Marcel Bräutigam (36) war einst Biathlet, inzwischen ist er ein exzellenter Läufer, der schon diverse Erfolge verbuchen konnte - darunter der Deutsche Meistertitel über 50 Kilometer (2019).  © Sven Fels/Montage

TAG24: Marcel, typische Eingangsfrage an einen waschechten Läufer: Wie läuft's?

Marcel: Aktuell ziemlich stressig. Ich muss in drei Tagen meine Bachelorarbeit abgeben.

TAG24: Danke, dass du dir trotzdem die Zeit für uns nimmst! Gesundheitlich ist so weit alles in Ordnung?

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Marcel: Meine rechte Ferse macht mal wieder Probleme. Aktuell ist sie sehr geschwollen, ansonsten ist alles gut.

TAG24: Ende September sah es bei dir gesundheitlich ganz anders aus. Vermutlich ein Virus machte dir beim Berlin-Marathon einen Strich durch die Rechnung. Wie sehr schmerzt das?

Marcel: Ja, da hat es mich tatsächlich drei Tage vorher aus der Bahn geworfen. An einen Start in Berlin war nicht zu denken. Es ist insofern ärgerlich, als das der Marathon gleichzeitig die Deutschen Polizeimeisterschaften beinhaltete. Das war mein Saisonhöhepunkt für die zweite Jahreshälfte.

TAG24: Immerhin konntest du den eingeplanten Marathon nachholen. Beim Westenergie Marathon in Essen (15. Oktober) bist du Gesamtsieger (2:20:35 Stunden) geworden. Auf Facebook hattest du geschrieben, dass du dennoch zu langsam warst. Du bist nämlich zum zweiten Mal Vater geworden. Heißt das: Wenn du in Berlin gestartet wärst, wärst du womöglich bei der Geburt dabei gewesen?

Marcel: Ja, das wäre der Fall gewesen. Für den Tag hatte ich ursprünglich nichts geplant. Aber mit der Absage beim Berlin-Marathon kam es halt anders.

Ein Lauf, der Marcel Bräutigam wohl ganz besonders in Erinnerung bleiben wird: der Westenergie Marathon in Essen. Marcel wird Gesamtsieger! Nur dreieinhalb Stunden nach dem Marathon kommt seine Tochter Lena zur Welt. Und Marcel? Der macht noch Kilometer auf der Autobahn.
Ein Lauf, der Marcel Bräutigam wohl ganz besonders in Erinnerung bleiben wird: der Westenergie Marathon in Essen. Marcel wird Gesamtsieger! Nur dreieinhalb Stunden nach dem Marathon kommt seine Tochter Lena zur Welt. Und Marcel? Der macht noch Kilometer auf der Autobahn.  © Martin Kels/privat/Montage

Marcel: "Da war ich noch auf der Autobahn"

TAG24: Was war denn der errechnete Geburtstermin?

Marcel: Der 25. Oktober.

TAG24: Und dann kam die kleine Lena zur Welt, als du noch am Laufen warst?

Marcel (lacht): Tatsächlich hatte ich vor dem Wettkampf noch mit Kollegen gesprochen und gesagt, das wäre der Kracher, wenn sie während des Zieleinlaufs zur Welt kommt. Letztlich waren es dann genau dreieinhalb Stunden nach dem Marathon. Da war ich noch auf der Autobahn. Aber meine Lebensgefährtin hatte mir zuvor grünes Licht für den Marathon gegeben. Es war ja so auch nicht abzusehen. Am Tag zuvor gab es auch keinerlei Anzeichen. Ich hatte dann während der Rückreise eine Nachricht samt Bild bekommen. Am Abend bin ich dann mit meinem Sohn schnellstmöglich ins Krankenhaus.

TAG24: Wie alt ist dein Sohn?

Marcel: Leon ist jetzt 5 Jahre alt geworden.

Verbrecher, die vor Marcel flüchten wollen, sollten sich in Acht nehmen!
Verbrecher, die vor Marcel flüchten wollen, sollten sich in Acht nehmen!  © privat

Nächte im Kinderzimmer

Bekommt schon früh einen Eindruck davon, was sein Papa richtig gut kann: Marcels Sohn Leon.
Bekommt schon früh einen Eindruck davon, was sein Papa richtig gut kann: Marcels Sohn Leon.  © privat

TAG24: Du bist jetzt zweifacher Familienvater, gleichzeitig Polizeibeamter der Landespolizei in Thüringen, studierst aktuell für den gehobenen Dienst und ganz nebenbei betreibst du Ausdauersport auf hohem Niveau. Wie bekommt man all das unter einen Hut?

Marcel: Meine Freundin und ich haben uns darauf geeinigt, dass ich aktuell die Nächte erstmal bei meinem Sohn im Zimmer verbringe, damit ich einigermaßen schlafen kann. Wobei ich sagen muss, dass mir das wegen der Bachelorarbeit eher nicht so gut gelingt (lacht).

Aber ja, ich will mich beruflich weiterentwickeln und andererseits möchte ich raus aus dem Schichtdienst, weil ich das, bezogen auf die Familie und den Sport, nicht mehr leisten kann und will. Es stellt halt doch eine enorme Belastung für den Körper dar.

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Aktuell habe ich ein Jahr Studium hinter mir. Jetzt steht die Bachelorarbeit an. Im zweiten Jahr zählen dann noch Praktika in Erfurt zum Programm. Zudem liegen noch Aufgaben an der Polizeischule in Meiningen vor mir. In elf Monaten bin ich dann hoffentlich Polizeikommissar.

Marcel will in den gehobenen Dienst. Er hofft, dass er in elf Monaten Polizeikommissar ist. (Symbolbild)
Marcel will in den gehobenen Dienst. Er hofft, dass er in elf Monaten Polizeikommissar ist. (Symbolbild)  © Friso Gentsch/dpa

Erstmal Füße hochlegen!

Regeneration ist für Marcel wie das Salz in der Suppe.
Regeneration ist für Marcel wie das Salz in der Suppe.  © privat

TAG24: Wir drücken dir ganz fest die Daumen! Themenwechsel: Die Tage werden kürzer, das Wetter schlechter. War's das jetzt mit langen Läufen in diesem Jahr, beziehungsweise was heißt bei Marcel Bräutigam lange Läufe, und wie sieht dein perfektes Wintertraining grob zusammengefasst aus?

Marcel: Ich werde es tatsächlich so handhaben, dass ich im November auch mal drei Wochen fast gar nichts mache! Maximal 15 Laufkilometer am Stück - ein, zweimal, höchstens die Woche. Die Erholung braucht der Körper auch einfach bei der ziemlich hohen Belastung für Sehnen, Gelenke, ja für die Struktur des Körpers. Meiner Ansicht nach ist das etwas, was des Öfteren von Breitensportlern vernachlässigt wird.

Dezember/Januar ist dann wieder eine wichtige Zeit, um in Tritt zu kommen. Dann stehen Berganläufe für die Schnelligkeit, aber auch Tempoläufe in der Leichtathletikhalle an.

Zu dieser Zeit kommen dann so 130 bis 140 Kilometer die Woche zusammen. In Vorbereitung auf Marathons oder Läufe darüber hinaus sind 190, 200 km keine Seltenheit.

Lest hier den zweiten Teil des TAG24-Interviews mit Marcel Bräutigam: "'Das war schon demütigend: Warum Marcel Bräutigam seine Biathlon-Karriere beenden musste."

Titelfoto: Friso Gentsch/dpa/Sven Fels/privat/Montage

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