Kot-Kapseln aus Jena: Neue Wunderwaffe im Kampf gegen Krankheiten?

Jena - An diesem Donnerstag geht es beim Verdi-Warnstreik vor allem vor dem Jenaer Universitätsklinikum heiß her, doch hinter den Kulissen geht es beinahe schon revolutionär zu. Es geht um ein neues, ungewöhnliches Medikament.

Will in einer klinischen Studie das Potenzial der Kot-Kapseln erfassen: Professor Andreas Stallmach vom Universitätsklinikum Jena.
Will in einer klinischen Studie das Potenzial der Kot-Kapseln erfassen: Professor Andreas Stallmach vom Universitätsklinikum Jena.  © UKJ/Michael Szabó

Es mag im ersten Moment ganz schön eklig klingen, doch in Jena weckt ein Medikament, das aus Fäkalien besteht, neue Hoffnung im Kampf gegen chronische Entzündungen und Autoimmunkrankheiten.

Der Kot stammt von Menschen, die in der Nähe wohnhaft sind oder arbeiten. Hergestellt werden die Kot-Kapseln in der Apotheke des Jenaer Universitätsklinikums.

Mit dem Medikament werden Patienten beliefert, die an chronischen Darmentzündungen leiden.

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Die in den Tabletten enthaltenen Bakterien sollen den Darm der Betroffenen besiedeln und wieder gesund machen.

Über zwei Millionen Euro für klinische Studie

Laut Professor Andreas Stallmach zeigen erste Studien, dass 20 bis 30 Prozent der Patienten von dem Medikament profitieren. Stallmach ist Leiter der Inneren Medizin IV - mit den Schwerpunkten Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie - am Jenaer Uniklinikum.

Jetzt will er das Potenzial der neuen Methode in einer klinischen Studie mit 200 Menschen erfassen. Mehr als zwei Millionen Euro steuert das Bundesministerium für Bildung und Forschung als Förderbetrag zu.

Die Studie kann jedoch erst beginnen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in Thüringen unter einen Wert von 35 pro 100.000 Einwohner gefallen ist. "Das ist eine der vielen Sicherheitsmaßnahmen, um eine Übertragung des Virus mit den Stuhl-Kapseln auszuschließen", so Stallmach. Von einer solchen Inzidenz ist man in Jena aktuell jedoch meilenweit entfernt.

Wenn es endlich losgehen kann, soll die Studie über drei Jahre laufen. Ziel ist es, zu verstehen, warum die Stuhl-Kapseln wirken, um eines Tages Spender unabhängige Medikamente herzustellen.

Das neue Medikament in Jena steht für einen völlig neuen Ansatz. Denn auch Menschen mit Autoimmunkrankheiten werden mit den Kot-Kapseln versorgt. Die Forschung geht inzwischen davon aus, dass sich der Darm bei Menschen mit Multipler Sklerose oder rheumatoider Arthritis in einem ungesunden Zustand befindet.

Kurzum: Ein ungesunder Darm steht in Verdacht, autoimmune Reaktionen des Körpers hervorzurufen.

Bei der Herstellung der Kot-Kapseln wird der Stuhl unter anderem mit Kochsalzlösung verquirlt. Zudem darf ausschließlich Kot verwendet werden, der vorher auf Viren, andere gefährliche Bakterien sowie vieles mehr untersucht worden ist.

Titelfoto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild

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