Nach Vorfällen: Erfurter Synagoge rund um die Uhr bewacht
Erfurt - Erst brannten Gedenkzettel, dann prangte eine israelfeindliche Parole an der Wand: Nach zwei Vorfällen binnen kurzer Zeit bekommt die Erfurter Synagoge nun mehr Schutz.
Die Anweisung gelte seit Dienstagabend und sei vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse erlassen worden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums am Mittwoch. Zuvor hatte die "Bild" berichtet.
Bislang hatte die Polizei mit regelmäßigen Streifenfahrten Präsenz vor der Synagoge gezeigt.
Wie genau die Polizeipräsenz nun aussehen wird, sei noch in der Abstimmung, sagte eine Sprecherin der Landespolizeiinspektion in Erfurt. Dem Sprecher des Innenministeriums zufolge gibt es auch Überlegungen, einen Container vor dem Gebäude aufzustellen.
Am Wochenende hatte es binnen weniger Stunden zwei mutmaßlich antisemitische Vorfälle an der Synagoge gegeben. In der Nacht zum Sonntag hatte die Polizei zwei Libyer festgenommen, die dort Zettel mit Solidaritätsbekundungen für die Menschen in Israel verbrannt haben sollen.
Innenminister Maier: "Wir müssen jetzt mit Trittbrettfahrern rechnen"
Am Sonntagabend wurde an der Wand der Synagoge dann eine israelfeindliche Parole entdeckt, wie die Polizei mitteilte. Derzeit würden Videobilder ausgewertet.
Hinweise auf Tatverdächtige gebe es nicht. In beiden Fällen hatten Zeugen Hinweise gegeben.
Die Schmierereien hätten den Ausschlag gegeben, den Schutz rund um die Uhr einzurichten, sagte Innenminister Georg Maier (56, SPD) der Deutschen Presse-Agentur. "Wir müssen jetzt mit Trittbrettfahrern rechnen."
Im Nachgang zu dem Attentat von Halle habe es schon einmal eine dauerhafte Polizeipräsenz vor der Synagoge gegeben. "Jetzt ist die Situation wieder so aufgeheizt, dass das aus meiner Sicht erforderlich ist."
Die beiden in der Nacht zum Sonntag festgenommenen Männer seien noch nicht vernommen worden, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Erfurt am Mittwoch mit.
Harte Reaktionen gefordert
Derzeit gebe es bis auf den Tatort und die Tatsache, dass die Taten dieselbe Zielrichtung hätten, keinen Hinweis darauf, dass die beiden Festgenommenen auch für die Parole verantwortlich gewesen sein könnten.
Es werde gegen unbekannt ermittelt.
Laut "Bild" war die Aufschrift "Vive Palestine, Fuck Israel" neben den Haupteingang der Synagoge geschmiert worden.
Einige Tage davor war nach Polizeiangaben auch das Schloss eines jüdischen Kulturzentrums unweit der Neuen Synagoge zugeklebt worden. Auch hier werde ermittelt.
Es habe dort auch Einbruchspuren gegeben. Ob es sich aber um einen antisemitischen Vorfall oder einen normalen Einbruchsversuch handle, sei nicht klar.
Die verbrannten Zettel hatten am Wochenende für heftige Reaktionen gesorgt. Politiker mehrerer Parteien forderten eine harte Reaktion des Staates und eine Ausweisung der Täter.
Titelfoto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa