Nackte Körper trotzen Schönheitswahn: Diese Geschichten gehen unter die Haut
Berlin - Während sie nackte Körper in jeglichen Formen und Farben ablichtet, kreiert Safe-Space-Fotografin Caro Gugu (32) eine ganz besondere Atmosphäre und erzählt die Geschichten hinter den Menschen. TAG24 traf die Wahlberlinerin zum Plausch in der Redaktion.
"Ich zeige das, was unsere Augen dank perfekt inszenierter Körper der Medienlandschaft nicht mehr sehen", sagt die 32-Jährige, die sich mit ihrer Body-Positivity-Bewegung "dein körper ist genug" für die Sichtbarkeit echter Körper ohne Retusche und Filter einsetzt.
"Auch wenn dickere Frauen in der Werbung gezeigt werden, dann ist es maximal die Größe 44 ohne Dellen und in Birnenform", kritisiert Gugu das in der Gesellschaft proklamierte Schönheitsideal.
Selbst hatte die in Stuttgart geborene Personalerin zehn Jahre lang in Konzernen gearbeitet und dort lernen müssen, sich als dicke Frau anpassen zu müssen, wie sie rückblickend berichtet.
Da ihr Outfit ihren damaligen Kollegen nach nicht angemessen war, wurde ein Knigge-Dresscode eingeführt.
Sätze wie "Mit Deiner Figur kannst Du das Kleid nicht tragen" oder "Du kommst gut bei Kunden an, weil Dein Ausschnitt so groß ist" verunsicherten Gugu und beeinflussten sie in ihrem Verhalten. Das Gefühl, nicht schön oder nicht richtig zu sein, verspüren viele Menschen, die sich das erste Mal vor ihre Kamera trauen.
Scham loslassen und sich schön fühlen
"Eine Frau hat keine Körperhaare, erst recht keine dicken und dunklen auf heller Haut", lautet Esthers Glaubenssatz oder "Ich ignorierte meinen Bauch, der größer war, als die Gesellschaft ihn haben wollte", schreibt Gianluca. Gugus authentische und ungeschönte Aktfotografie soll für die Enttabuisierung von Nacktheit sorgen und ein Gefühl hervorrufen, genug zu sein.
"Bodyshaming? Das war gestern und lasse ich nicht mehr zu! Denn ich habe erkannt, dass ich schön bin, genau so, wie ich bin. Heute liebe ich meinen Körper [...]", sagt Lio, Model der Initiative "dein körper ist genug".
Sie entdeckte ihre Bisexualität im Alter von 56 Jahren und stand ein Jahr später nackt vor Gugus Linse.
Mission: Selbstachtung jedes Einzelnen stärken
Eine der Geschichten hat Gugu jedoch besonders berührt, wie sie TAG24 gegenüber berichtet. Bei Alex wurde beidseitiger Brustkrebs diagnostiziert.
Nachdem auch ein Tumor in der Lunge gefunden wurde, entschied sie sich, ihr restliches Leben und vor allem das Ende selbst in die Hand zu nehmen.
Bevor es in ein Hospiz für Sterbehilfe am Bodensee geht, fotografierte Gugu sie vor dem ihr bekannten Todesdatum und erfüllte Alex damit den Wunsch, sich noch einmal von ihrer schönsten Seite zu zeigen und zusätzlich ihre Geschichte zu teilen.
Seit 2019 klärt Gugu deutschlandweit in sozialen Medien und Ausstellungen zu Bodyshaming auf, hilft Menschen, "ihre Schubladen aufzuräumen".
Am 19. Juli um 19 Uhr eröffnet Gugu bereits ihre achte Ausstellung mit einer Premiere in Berlin.
Berlin: Visuelle Einstimmung vor dem CSD
Gäste erwartet in der Alten Münze (Molkenmarkt 2) in Mitte ein interaktives Programm mit Musik und Poetry-Slam. Mehr als 30 queere Körper und Geschichten werden dort gezeigt, passend zum bevorstehenden Christopher Street Day (CSD) am 27. Juli.
Ein kostenfreier Bodylove-Circle-Workshop wird am 21. Juli zwischen 12 und 14 Uhr angeboten. Mit einem Closing Event am 1. August endet die Ausstellung.
Oberflächliche Blicke und gesellschaftliche Normen haben hier nichts verloren, denn echte Körper sind wunderschön.
Titelfoto: Caro Gugu, TAG24 (Bildmontage)