Leipzig: Obdachlose alkoholkranke Nadine lag im Sterben, heute lebt sie suchtfrei
Leipzig - Elend, Dreck und Obdachlosigkeit bestimmt die Szene rund um den Leipziger Hauptbahnhof. Ein MDR-Reporter dokumentiert das seit mehreren Jahren. Nun wurde eine neue Folge ausgestrahlt - mit tragischen, aber auch tollen Neuigkeiten.
"Süchtig, verzweifelt, obdachlos - Vom Leben auf der Straße" heißt es in einer "Exakt - Die Story"-Doku, die am Mittwochabend im MDR-Fernsehen lief.
Neben einigen bekannten Gesichtern der RTLZWEI-Reihe "Hartes Deutschland" - z. B. André - lernen die Zuschauer auch neue Menschen kennen.
Dazu zählt auch Siggi. Der 52-Jährige musste betteln, weil sein Hartz IV massiv gekürzt wurde. Nachdem ihm sein Vermieter im Januar 2017 wegen Ruhestörung aus der Wohnung geworfen hatte, lebte der zweifache Vater auf der Straße.
Zwar erbte er von seinem verstorbenen Vater mehrere Gebäude in Neugersdorf in der Oberlausitz. Diese sind aber teilweise verfallen und verwahrlost, sodass sie kein Geld generieren. Zudem bekommt Siggi immer wieder Mahnungen, weil er die Grundsteuern nicht zahlt.
Heute verbringt der alkoholabhängige Mittfünfziger seinen Tag meist am Lindenauer Markt, da er am Hauptbahnhof Hausverbot hat.
Er hat wieder eine Wohnung, die allerdings beim MDR-Besuch unordentlich und verdreckt war. Der frühere Bergsteiger hat durch seine Alkoholsucht mittlerweile Probleme, ein paar Treppenstufen zu steigen. Hinzu kommt eine Leberzirrhose, sein Arzt gab ihm nur noch ein paar Monate Lebenserwartung, vielleicht ein Jahr.
"Ich scheiß nur noch Gelb ausm Arsch", sagt Siggi. "Aber ich will weitersaufen, ich hab nichts mehr zu verlieren, ich hab niemanden mehr."
Franz' Camp brannte nieder - eines Tages wird er tot gefunden
Das MDR-Team besuchte auch den aus Bayern nach Leipzig ausgewanderten Franz. Sein Camp unter freiem Himmel, in dem er auch gelebt hat, brannte eines Tages nieder. Und der 64-Jährige hat schnell die vermeintlichen Übeltäter ausgemacht.
"Sie lügen uns frech ins Gesicht, dass wir hier geduldet sind. Das ist nicht der Fall." Er mutmaßt, dass es Leute sind, die "aus dem Stück Land" Kapital schlagen wollen. Beweise hat er dafür nicht. Es wird sogar gemunkelt, dass er sein Camp versehentlich selbst angezündet hat. Auf dem Brachgelände soll ein komplett neuer Stadtteil entstehen (TAG24 berichtete).
Im Juli 2020 dann der Schock. Kumpel André berichtet: "Franz ist gestern gestorben!" Zwischen 16 und 17 Uhr hätten ihn andere Obdachlose tot auf seiner Matratze gefunden.
"Ich hoffe, dass wir mitkriegen, wo er beerdigt wird, dass wir uns verabschieden können", so der crystalabhängige André.
Alkoholkranke Nadine sprang dem Tod von der Schippe - und lebt heute suchtfrei
Nadine (31) verlor im Alter von 14 Jahren ihre Mutter. Die lange Jahre alkoholkranke Frau ist Mama von zwei Kindern, die in Pflegefamilien leben.
2017 war der MDR-Reporter am Tiefpunkt ihres körperlichen Verfalls dabei. Sie lehnte jegliche Hilfe ab. "Ich therapiere mich selbst, ich weiß, was ich falsch mach." Doch ihr Gesundheitszustand verschlimmerte sich drastisch, sie landete mit einem alkoholbedingten Organversagen auf der Intensivstation. Pfleger suchten schon nach Angehörigen, damit sie Abschied von Nadine nehmen könnten.
Doch die 31-Jährige überlebte und hat mittlerweile eine eigene Wohnung. "Ich habe zwar keine Therapie gemacht, aber meine Freunde haben mich unterstützt." Seit drei Jahren lebt die Zweifach-Mama trocken.
Die ganze Folge mit weiteren Protagonisten findet Ihr auf Abruf in der Mediathek.
Titelfoto: Screenshot/MDR-Mediathek