Gleiche Aufstiegschancen? Von wegen! "Für mich klebt Herkunft wie Scheiße am Schuh"
Leipzig - Der eine stammt aus einer wohlhabenden Familie, die andere aus schwierigen Verhältnissen. Er wechselt mit 13 Jahren an ein Internat nach England und sie entscheidet sich, die Schule nicht weiter zu besuchen. Über gleiche Aufstiegschancen können beide in der MDR-Doku "Das falsche Versprechen vom Aufstieg" nur lachen.
Das Leben von Marlen Hobrack (38) verläuft in der Vergangenheit alles andere als geradlinig.
Sie wächst in schwierigen Familienverhältnissen auf. Begleitet von dem rechten Gedankengut ihres Vaters und Opas, Gewalt und Armut, rutscht sie selber ab.
"Für mich klebt Herkunft wie Scheiße am Schuh", erzählt die 38-Jährige dem MDR-Team.
Etwa ab ihrem 13. Lebensjahr geht Marlen erst unregelmäßig und dann für drei Jahre gar nicht mehr zur Schule. Zu schwer wiegen Scham, Unsicherheit und Angst - vor allem aber das Gefühl einer unfairen Behandlung. Es wird sie noch weit länger begleiten.
Denn auch als Marlen sich entscheidet, dass es ihr besser gehen soll und die Schule beendet, hören die Schwierigkeiten nicht auf.
Das Arbeiterkind kann sich das Studium nur mit einem Kredit leisten. 16.000 Euro muss sie im Anschluss mit einem Zinssatz von acht Prozent zurückzahlen - nur um zu merken, dass auch im beruflichen Leben die Privilegierten häufig bevorzugt werden.
"Das ist schon eine richtige Schuldenfalle", die Marlen noch heute abzahlt.
"Für die Herkunft schämen, das sollte niemand müssen"
Scott Wempe (27) könnte wohl kaum in einem größeren Gegensatz zu Marlen stehen.
Er wird in ein Familienunternehmen hineingeboren. Juwelier Wempe blickt auf über 140 Jahre Firmengeschichte zurück.
Das macht ihn privilegiert. Die beste Ausbildung, auch wenn sie nicht in Deutschland ist - kein Problem für die Wempes.
Es geht nach England für die Schule, danach erst mal Reisen in Indien und zurück nach London zum Studieren.
Auch wenn er sich nie Gedanken um seine Bildung machen musste, ist Scott durchaus bewusst, dass es viele Menschen in Deutschland gibt, die dieses Privileg nicht haben.
"Für die Herkunft schämen, das sollte niemand müssen", ist für ihn nicht nur eine Floskel. Deshalb engagiert er sich gemeinnützig für die Chancengleichheit.
Welchen Rattenschwanz das fehlende soziale Ansehen mit sich ziehen kann, darüber reden neben Marlen und Scott noch weitere Frauen und Männer. Die gesamte MDR-Doku "Das falsche Versprechen vom Aufstieg -You can win if you want?" könnt Ihr Euch in der Mediathek ansehen.
Titelfoto: Montage: MDR/Hoferichter & Jacob