Gefesselt, geknebelt, ins Wasser geworfen: Grausame Details zum Mord in Industrieruine
Leipzig - Für die Staatsanwaltschaft war es ein eiskalt geplanter Mord aus Habgier. Der Angeklagte Kevin R. (20) spricht von einer emotionalen Tat "in der größten Wut" seines Lebens. In Leipzig begann am gestrigen Montag der Prozess um den Fesselmord im Lindenauer Hafen.
Die Hände hinter dem Rücken mit Panzertape gefesselt, im Mund einen Knebel aus Socken und Tape, der Körper aufgedunsen und von Maden befallen im mit Wasser vollgelaufenen Kellertrichter. So fanden zwei "Lost Place"-Gänger die Leiche von Daniel P. (25) am 27. Juli vergangenen Jahres in einem alten Kornspeicher im Lindenauer Hafen.
Verantwortlich für den Tod des homosexuellen Mannes, der seinen Lebensunterhalt in Leipzig auch als Callboy bestritt, ist Kevin R. Der wegen Mordes angeklagte Gelegenheitsarbeiter legte am Montag über eine vom Anwalt verlesene Erklärung ein umfassendes Geständnis ab.
Doch zuerst die Version der Staatsanwaltschaft: Laut Anklage lockte Kevin das spätere Opfer am Abend des 28. Juni mit der Aussicht auf ein sexuelles Abenteuer in den Keller der Industrieruine. Dort habe sich Daniel auch bereitwillig fesseln lassen.
Erst als der Angeklagte auch dessen Mund mit einem Knebel verklebte, muss das Opfer gemerkt haben, dass es hier nicht um Sex geht. Kurz darauf habe Kevin seinen Bekannten in das Wasserbecken gestoßen, wo dieser elendig erstickte.
Als Motiv sieht die Anklage pure Habgier - Kevin habe sich so in Besitz von Handy, Geld und EC-Karte des Opfers bringen wollen, später auch Geld von dessen Konto abgehoben.
Heißen Kerzenwachs auf den Rücken getropft
Kevin erzählt die Geschichte etwas anders. Demnach habe ihm Daniel ein Darlehen versprochen, womit er sich für 1800 Euro ein Moped kaufen wollte. Da ihn das spätere Opfer immer wieder vertröstete und dabei offenbar auch log, habe er Daniel "eine Lektion erteilen" wollen.
Im Kornspeicher soll sich Daniel in sexueller Erwartung dann selbst entkleidet haben. Kevin räumte ein, seinen Bekannten gefesselt und diesem heißen Kerzenwachs auf den Rücken getropft zu haben. "Ich wollte ihn zur Rede stellen", so der Angeklagte.
Als Daniel plötzlich laut um Hilfe schrie, habe er dessen Mund verklebt. Kurz darauf habe er dem Gefesselten ein Bein gestellt, sodass dieser in den wassergefüllten Trichter fiel. "Ich hatte Wut wie noch nie zuvor in meinem Leben", beschreibt der Angeklagte sein Motiv.
Anschließend habe er den Ort verlassen. Als er am nächsten Tag in Begleitung eines Kumpels noch mal zum alten Speicher kam, sei Daniel bereits tot gewesen.
Eiskalter Mord oder emotionsgeladene Spontantat - das Landgericht hat Verhandlungstermine bis in den August anberaumt, um diese Frage zu klären.
Titelfoto: Montage: privat, Ralf Seegers