"Gangubai Kathiawadi": Zwangsprostituierte wird zur Mafia-Königin des Rotlichtviertels!
Deutschland - Heftige Geschichte! Das indische Drama "Gangubai Kathiawadi" läuft am 25. Februar in den deutschen Kinos an und rückt Themen wie Zwangsprostitution und Gewalt gegen Frauen in den Fokus. Die TAG24-Filmkritik.
Im Mittelpunkt steht in den 1950er Jahren eine real existierende Figur, auf deren Leben die Story lose beruht: Gangubai Kathiawadi (Alia Bhatt, 28) träumt als junge Frau davon, Schauspielerin zu werden.
Ihr Freund will ihr angeblich ein Vorsprechen ermöglichen, weshalb sie mit ihm nach Mumbai reist, wo er ihr allerdings das Herz bricht und sie im Rotlichtviertel in die Zwangsprostitution verkauft. Die Herrin des Hauses (Seema Bhargava, 60) weiß die bildschöne Dame mit entsprechenden Drohungen finanziell gewinnbringend einzusetzen.
Ein Mann bezahlt sogar den doppelten Preis, verprügelt Gangu dafür aber brutal, weshalb sie nach einem Ausweg sucht und den bei Karim Lala (Ajay Devgn, 52) findet. Der mächtige Mafiaboss steht für Gerechtigkeit und erteilt dem sadistischen Typen, der ihr das antat, eine handfeste Lektion.
Dieser wichtige Kontakt hilft Gangu mit der Zeit beim Aufstieg in ihrem Viertel Kamathipura, wo der durchtriebene Raziabai (Vijay Raaz, 58) an der Macht ist. Doch seine deutlich jüngere Herausforderin ist schlau und mit allen Wassern gewaschen.
Zudem setzt sie sich für ihre Berufskolleginnen ein und will die nur geduldete Prostitution legalisieren lassen, um auf die Probleme aufmerksam zu machen und eine gerechtere Behandlung der rund 4000 Frauen zu ermöglichen.
Indischer Originaltrailer mit englischen Untertiteln zu "Gangubai Kathiawadi" mit Alia Bhatt
Indischer Originalteaser mit englischen Untertiteln zu "Gangubai Kathiawadi" mit Alia Bhatt
"Gangubai Kathiawadi" begeisterte auf der 72. Berlinale
Diese Geschichte beruht auf dem Sachbuch "Mafia Queens Of Mumbai" und wurde von Regisseur Sanjay Leela Bhansali (58, "Devdas - Flamme unserer Liebe") sowie seiner Co-Autorin Utkarshini Vashishtha klasse umgesetzt.
Ihr Werk feierte erst vor wenigen Tagen, genauer gesagt am 16. Februar um 21 Uhr im Friedrichstadt-Palast, Weltpremiere auf der diesjährigen 72. Berlinale und bekam zu Recht gute Bewertungen.
Auch bei der letzten Vorstellung am 20. Februar um 11.30 Uhr im Cineplex Titania Palast in Steglitz war der Saal im Rahmen des Corona-Hygienekonzepts prall gefüllt und während der 152 Minuten mucksmäuschenstill, weil das Publikum dem Geschehen auf der Leinwand gebannt folgte.
Allerdings musste man sich auch konzentrieren, wurde doch die Hindi-Fassung mit englischen Untertiteln gezeigt. Das sollte sich aber dank der spannenden und für Indien sehr wichtigen Handlung lohnen.
Schließlich besteht in Sachen Frauenrechte und Selbstbestimmung noch immer viel Verbesserungsbedarf, weshalb "Gangubai Kathiawadi" den Nerv und Zeitgeist trifft. Wie groß das Interesse an diesem Werk ist, belegen auch die YouTube-Klickzahlen für den Trailer, der bisher mehr als 68 Millionen Mal (!) angeklickt wurde - Tendenz klar steigend.
Berlinale-Pressekonferenz zu "Gangubai Kathiawadi" mit Alia Bhatt und Sanjay Leela Bhansali
Alia Bhatt zeigt in "Gangubai Kathiawadi" eine überragende Leistung
Das liegt natürlich auch an der Hauptdarstellerin. Bhatt ist in ihrer Generation eine der besten Schauspielerinnen des Landes und bewies das schon vor drei Jahren, wo sie als Leading Lady ebenfalls auf der Berlinale im überragenden "Gully Boy" zu sehen war, der 2020 sogar als indischer "Oscar"-Kandidat ins Rennen ging.
Mit ihrem Charme, ihrer elektrisierenden Energie, aber auch Verletzlichkeit trägt sie das Werk problemlos über kleinere Längen und Schwächen hinweg. Denn sie hat die Seele ihrer Figur erfasst und vermag sie sowohl in den subtilen, als auch extrovertierten Momenten exzellent darzustellen, was es dem Zuschauer ermöglicht, sich emotional an Gangu zu binden und sich mit ihr und ihren Ansichten/Kämpfen zu identifizieren.
Ihre mimische Ausdrucksstärke ist dabei beeindruckend, weil sie ganz unterschiedliche Gefühle zu transportieren vermag. Deshalb liefert sie großes Schauspielerinnenkino ab, rückt sich mit ihrer Leistung in den Vordergrund und bleibt nachhaltig im Gedächtnis.
Da auch die anderen Darstellerinnen und Darsteller überzeugen, verfolgt man das themenreiche Biopic der etwas anderen Art gebannt mit Neugier und Aufmerksamkeit.
"Gangubai Kathiawadi" behandelt viele wichtige Themen, trifft aber nicht immer den richtigen Ton
Dabei ist der Film hinsichtlich der Tonalität nicht perfekt ausgewogen. Ein düsterer Ansatz wäre aufgrund der an sich harten und traurigen Story sinnvoller gewesen. Durch die eher leichte Erzählweise im Bollywood-Stil wirken die Gags und ausschweifenden Tanzszenen mitten in diesem harten Milieu manchmal ein wenig deplatziert.
Auch einige Handlungen der Figuren sind phasenweise abstrakt und nicht in jeder Sequenz vollends nachzuvollziehen.
Glücklicherweise funktioniert Bhansalis Werk trotz dieser Negativpunkte richtig gut, weil es starke Werte um Freundschaft, Zusammenhalt, Liebe, Beharrlichkeit und den Glauben an die eigenen Fähigkeiten vermittelt.
Darüber hinaus setzt es sich für Feminismus ein, verteufelt Sexarbeit nicht, sondern stellt sie als normal-außergewöhnlichen Job dar und zeigt Frauen vielschichtig in unterschiedlichsten Rollen.
Außerdem hat Kameramann Sudeep Chatterjee ("Padmaavat - Ein Königreich für die Liebe") optisch einige großartige Aufnahmen zu bieten, durch welche die farbenfrohe Gegend erst so richtig zum Leben erweckt wird. Daran haben auch die abwechslungsreichen Locations, die prunkvollen Kostüme, das aufwendige Szenebild und die erstklassigen Effekte ihren Anteil. Die stimmige Musikuntermalung trägt ebenfalls ihren Teil zum Gelingen dieses interessanten Genrewerkes bei.
Zusammengenommen ist "Gangubai Kathiawadi" ein außergewöhnliches indisches Drama mit Tiefgang und sehr gut ausgeschriebenen Protagonistinnen geworden, das vor allem von der brillant aufspielenden Bhatt getragen und auf ein höheres Level gehievt wird. So fallen auch die Schwächen nur am Rande auf. Besonders auf der großen Leinwand sehenswert!
Titelfoto: PR/Bhansali Productions/PEN Studios India