"Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden": Mann mit Hunde-Fetisch zwingt Frau zu Sex mit Tier
Deutschland - Nichts für schwache Nerven: In "Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden" werden die Grenzen des guten Geschmacks gleich mehrfach überschritten. Warum Du Dir den Film, der am 20. August hierzulande in den Kinos startet, trotzdem ansehen solltest, erfährst Du in dieser Kritik!
Dabei fängt alles ganz harmlos an: Verlegerin Helga Pato (Pilar Castro) wird während einer Zugfahrt von dem Psychiater Ángel Sanagustin (Ernesto Alterio) angesprochen. Er behauptet, er habe sie am Tag zuvor in der Klinik, in der er arbeitet, gesehen und sei vertraut mit dem Fall ihres eingewiesenen Gatten.
Um sich die Zeit während der Reise ein wenig zu vertreiben, beginnt er ihr von seinem ungewöhnlichsten Fall zu erzählen.
Und schon befinden wir uns mittendrin in den "obskuren Geschichten". So handelt die erste von einem Mann namens Martín Urales de Úbeda (Luis Tosar), der sich auf Wunsch seines Vaters zum Militärdienst meldet und dessen Leben sich durch einen furchtbaren Unfall für immer verändert.
Von dessen Schicksal hat Sanagustin zunächst durch einen Brief seiner Schwester erfahren. So verbindet sich eine Geschichte mit der nächsten.
Doch während Helga gebannt den Erzählungen des Psychiaters lauscht, stellt sie fest, dass vieles nicht so ist, wie es scheint. Und ehe sie sich versieht, steckt sie selbst tief mit drin...
Deutscher Trailer zu "Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden" mit Luis Tosar und Pilar Castro
"Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden" überzeugt durch die Kameraarbeit von Javier Agirre
"Was für ein Chaos" dürften sich viele Zuschauer denken, nachdem sie die ersten zwanzig Minuten von Regisseur Aritz Morenos Erstlingswerk gesehen haben. Denn darin wird eine Geschichte nach der nächsten angeschnitten, ohne das klar ist, wohin die Handlung überhaupt will.
Ganz nach dem Matroschka-Prinzip wird nicht nur Hauptprotagonistin Helga, sondern auch der Betrachter immer weiter in einen Strudel teils bizarrer, teils absurder und manchmal sogar abgrundtief perverser Erlebnisse hineingezogen. Doch nach und nach fügt sich alles zusammen.
Dazu trägt die exzellente Kameraarbeit von Javier Agirre viel bei, die durch den Einsatz von Superweitwinkel, Überblendungen und ungewohnten Perspektiven die einzelnen Sequenzen fließend ineinander übergehen lässt und dem Wahnsinn der Handlung Herr wird.
Die fabelhafte Filmmusik von Cristóbal Tapia de Veer sorgt ebenso dafür, dass die "obskuren Geschichten" auch audiovisuell überzeugen können.
Ebenso besticht das grandiose Schauspieler-Ensemble und schafft es, sich in ihren Darstellungen vollends der Absurdität einzelner Momente hinzugeben.
"Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden" schockt mit perversen und brutalen Szenen
Um an "Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden" Gefallen zu finden, braucht es vor allem eins: einen starken Magen!
Sonst kann der Streifen für zartbesaitete Gemüter schnell zu einem echten Höllentrip werden, denn leicht zu verdauen ist besonders der zweite Teil nicht.
Der beginnt nämlich zunächst wie eine klassische Romantik-Komödie: Frau und Mann (Quim Gutiérrez) lernen sich kennen, verlieben sich, ziehen zusammen.
Doch dann offenbart einer der beiden eine zutiefst perverse Neigung und verlangt von seinem Gegenüber, sich mehr und mehr in einen Hund zu verwandeln. Das beginnt noch relativ "harmlos" mit einem Halsband als Geschenk.
Alsbald soll die Partnerin dann nur noch auf allen Vieren kriechen, Hundefutter essen und sich sogar von einem der eigenen Vierbeiner besamen lassen.
Schwerer Tobak, der schließlich - unterlegt von dem herzzerreißenden Song "El amor" - in einem blutigen Massaker endet, an dem alle Fans von Splatterfilmen ihre Freude haben dürften.
"Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden" erinnert an "Der Schacht" auf Netflix
In "Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden" geht es aber um weitaus mehr als bloße Provokation. Dem Film, der auf dem gleichnamigen Roman von Antonio Orejudo aus dem Jahr 2000 basiert, gelingt es immer wieder fast schon beiläufig, gesellschaftlich brisante Themen wie Armut, psychische Erkrankungen, Kirchen- und Medienkritik in seine Erzählung mit einfließen zu lassen.
Nicht selten füllt man sich dabei an "Der Schacht" von Landsmann Galder Gaztelu-Urrutia erinnert, der Anfang des Jahres auf Netflix für Furore sorgte.
Kein Wunder, dass sich der Streifen auch nur schwer einem Genre zuordnen lässt: zwischen tiefschwarzer Komödie, erschütterndem Psychodrama, spannungsgeladenem Thriller und brutalen Horror-Einlagen ist für jeden Geschmack etwas dabei.
In seinen stärksten Momenten gelingt es Morenos Regiedebüt sogar, alle Emotionen gleichzeitig in einer Szene zu vereinen.
Darin besteht letztendlich auch der Reiz, der "Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden" zum wahnwitzigsten Kinoerlebnis dieses Jahres macht: Alles ist miteinander verbunden und dennoch ist nichts gewiss!
Titelfoto: Neue Visionen Filmverleih