Viele Wirte kämpfen um ihre Existenz: Löst Corona ein Kneipensterben aus?
Dresden - Löst die Corona-Krise ein großes Kneipensterben aus? Seit Donnerstagfrüh gilt für Restaurants: Öffnungszeiten nur noch von 6 bis 18 Uhr. In Dresden hat die Polizei prompt Ernst gemacht.
Beamte zwangen drei Wirte (zwei in der Altstadt, einen in der Neustadt), die sich nicht daran gehalten hatten, zum Zapfenstreich. Bei Dresdener Gastronomen geht jetzt die Existenzangst um.
Die Dresdner Sterneköche Marcus und Nicole Blonkowski vom "Genuss Atelier" (Bautzner Straße) haben sich in einem offenen Brandbrief an die Stadt Dresden und das Land Sachsen gewandt: "Wir müssen unsere Betriebe teilweise oder vollständig schließen. Die fixen Kosten müssen wir dennoch tragen. Mieten, Pacht, Lohnkosten laufen weiter."
Diesen Verbindlichkeiten könnten Wirte ohne Einkommen nicht mehr nachkommen. "Von Tag zu Tag sind wir dadurch mehr dem Untergang geweiht", so die Blonkowskis im Brief (facebook.com/Restaurant.GenussAtelier.Dresden). Sie fordern: Statt Stundung - Erlass von Steuerzahlungen. Finanz-Soforthilfen statt Krediten.
Wie ernst die Lage ist, zeigen drei Beispiele:
1: Nach 24 erfolgreichen Jahren Herr Bou Hamze schließt sein "Sindbad"
Auch ihn trifft die Corona-Krise hart. Issam Bou Hamze (60) hat sein libanesisches Restaurant "Sindbad" an der Hübnerstraße vorerst geschlossen.
An normalen Tagen sollte man hier reservieren. Die 70 Plätze sind oft bis auf den letzten Stuhl ausgelastet. Doch normal ist derzeit nichts mehr. "Das haben wir noch nie erlebt", sagt Issam Bou Hamze, der seit 24 Jahren, gemeinsam mit seiner Frau, das "Sindbad" betreibt. Der Gastraum ist verwaist. In der Küche wird gerade alles geputzt. "Selbst beim Elbe-Hochwasser war es absehbar."
Seit Freitag kamen immer weniger Gäste. Ein bis zwei Tische waren abends nur noch besetzt, mittags sah es ähnlich aus. Die Leute aus den umliegenden Büros kommen nicht mehr. Bou Hamze entschied schon am Mittwoch, auch mittags nicht mehr zu öffnen und auch keinen Lieferservice einzurichten. Der Aufwand rechnet sich nicht, sagt der Wirt.
Zum Wochenende hätte er mehrere Feiern in seinem Restaurant gehabt: alles abgesagt. "Ich hoffe, es kommt Hilfe, wie versprochen wird", sagt er. "Die Sorge ist groß, denn ich habe viele feste Kosten."
2: Claudia Greifenhahn kämpft ums Überleben ihres "LadenCafes aha"
Auch das "LadenCafe aha" auf der Kreuzstraße hat mit den Auswirkungen der Corona-Krise zu kämpfen. Schon Anfang der Woche machte sich die Kundschaft rar.
Geschäftsführerin Claudia Greifenhahn (52) spricht von 80 Prozent weniger Kunden als üblich. "Uns geht es wie allen, die Touristen bleiben weg. Wir können nur durch Solidarität überleben."
Doch resignieren will sie nicht, im Gegenteil: Bei Facebook hat sie einen Aufruf gestartet, bittet darum, dass Kunden Essen und Produkte vorbestellen und abholen bzw. sich liefern lassen.
Außerdem bittet sie um Spenden, die für die Bezahlung der 18 Festangestellten und zwölf Pauschalkräften verwendet werden sollen. Helfen würde ihr auch, wenn jetzt Gutscheine gekauft und nach der Krise eingelöst werden.
Ihr Aufruf hat schon Gehör gefunden: "Ich habe massig Reaktionen. Die Leute sind großartig und wollen, dass wir bleiben", so Claudia Greifenhahn. "Unser ,LadenCafe aha' möchte in diesem Jahr gern 25 Jahre alt werden." Zudem hofft sie auf ein Entgegenkommen des Staates.
3: Maik und Janet Kosiol: Wir haben alle unsere Restaurants geschlossen
Hart getroffen hat es auch das Wirtspaar des "Italienischen Dörfchens" am Theaterplatz: Maik (53) und Janet Kosiol (47). Seit Monaten haben sie eine Mega-Baustelle vorm Haus, die viele Gäste abschreckte. Und nun Corona.
"Wir haben alle unsere Restaurants komplett geschlossen: das Italienische Dörfchen, die Elbterrassen Wachwitz, das Brunetti in Striesen und das KITZO-Alpenstüberl in Gompitz. Ganz einfach, um unsere Mitarbeiter und unsere Gäste zu schützen", so Kosiol. Die Folge: Komplettausfall der Einnahmen. Alle 70 Mitarbeiter sind auf Null-Stunden-Kurzarbeit gesetzt.
Die Kosten laufen weiter. "Bis Ende April muss ich 250 000 Euro Verbindlichkeiten begleichen", sagt Kosiol. "Deshalb bin ich nur am Telefon, um bei allen Gläubigern Aufschub zu erwirken. Die DREWAG zum Beispiel war sehr entgegenkommend bei der Stundung. Aber seit drei Tagen versuche ich vergeblich, jemanden bei der Sparkasse zu erreichen. Ich muss verhindern, dass mir die Konten gesperrt werden."
Trotzdem lässt sich Kosiol nicht unterkriegen: "Ich hoffe ganz einfach, dass wir am 1. Mai wieder öffnen können - und dann die Dresdner auch wieder bei uns einkehren." Aber er weiß auch: "Bei vielen wird das Geld nicht mehr so locker sitzen."