Wie Karl Mays Spazierstock in den Besitz eines Dresdners kam: Fast so spannend wie die alten Romane
Dresden - Karl May kleidete sich gern in Wild-West-Manier. Ganz wie die Helden seiner berühmten Abenteuer-Romane, allen voran Old Shatterhand. Mit Flinte und in Lederkluft posierte der Schriftsteller (†1912) auf vielen Fotos - ein cleverer Reklame-Schachzug, der dem Verkauf seiner Bücher sicher nicht abträglich war. Privat ging May mit schwarzem Zylinder und elegantem Spazierstock aus. Beide Original-Utensilien schenkte der Dresdner Dokumentarfilmer Ernst Hirsch (86) vor wenigen Tagen dem Radebeuler Karl-May-Museum.
Wie er in deren Besitz kam - das klingt so spannend wie bei Karl May. Hirsch erzählt: "Mein Vater muss 14 oder 15 Jahre alt gewesen sein, als er als Gehilfe in der Kanzlei von Rechtsanwalt Bernstein am Pirnaischen Platz gearbeitet hat. Bernstein war der Anwalt von Karl May.
Nach Mays Tod hat er vermutlich Zylinder und Spazierstock bekommen und schenkte beides meinem Vater." Aber die Erinnerungsstücke wären 1945 bei der Bombardierung verbrannt - Hirschs Vater wohnte in der heutigen Lingnerallee.
"Doch er gab die beiden Stücke noch vor dem Angriff meiner Tante Lotte in Mickten zur Verwahrung - von ihr bekam ich Zylinder und Spazierstock später zurück."
Ernst Hirsch hat eine ganz besondere Beziehung zu Karl May
Ernst Hirsch hat nicht nur deshalb eine besondere Beziehung zu May. "Als 1982 dessen Bücher in der DDR wieder verlegt wurden, bekam ich den Auftrag, fürs DDR-Fernsehen eine Dokumentation über Karl Mays Leben zu drehen."
Wieder wird es spannend: "Wir filmten auch in der Villa Shatterhand in Radebeul, in der damals ein Kindergarten untergebracht war. Das Treppenhaus und ein paar schöne Fenster sollten in den Film einfließen", erinnert sich Hirsch.
"Doch kaum hatten wir die Kamera eingepackt, machte die Stasi Rabatz. Denn was wir nicht wussten: Im Obergeschoss der Villa befand sich eine konspirative Wohnung der Stasi."
Eine Überraschung erlebt Hirsch auch beim Dreh in Karl Mays Geburtshaus in Hohenstein-Ernstthal.
"Wir schauten uns das Haus an, es war zwar bewohnt, aber echt heruntergekommen. Trotzdem kündigten wir beim Bürgermeister unseren Dreh an. Als wir 14 Tage später mit der Filmtechnik anrückten, hatten die Bewohner eine neue Wohnung bekommen und das Haus war entrümpelt", schmunzelt Hirsch. Die Gemeinde hatte sogar einen alten Webstuhl aufgestellt, denn Karl Mays Vater hatte als Weber gearbeitet.
Titelfoto: Montage. Ernst Hirsch