TV-Liebling Otto Franz Weidling bekommt eigene Straße in Dresden
Dresden - Otto Franz Weidling (1924-1985) war einer der wirklich großen DDR-Fernsehstars. Legendär waren seine Moderationen im Straßenfeger "Ein Kessel Buntes". Die Talkshow "Treff mit O.F." machte ihn endgültig populär. Weidling lebte in Dresden, wurde 1985 auf dem Heidefriedhof beerdigt. Jetzt wird eine Straße nach ihm benannt.
"Er hat moderiert, ich habe gesungen. Ich bin in meiner Anfangszeit sehr gerne mit ihm unterwegs gewesen - auch weil er damals schon einen Volvo hatte, das war extrem selten. ,Treff mit O.F.' - das habe ich immer gern angesehen", erinnert sich TV-Urgestein Gunther Emmerlich (76) an seinen Weggefährten aus DDR-Zeiten. Und: "Er war eine Granate der Wortschöpfung."
O.F., dessen Markenzeichen das schwarze Smoking-Jackett mit rotem Futter war, wurde vom DDR-Publikum geliebt.
Weidling war ein meisterhafter Moderator und ein - heute würde man sagen - politischer Kabarettist.
Über Jahre balancierten die spitzbubenhaft-charmant vorgetragenen Witze hart an der Grenze des damals politisch noch Zulässigen.
Etwa "unsere Nationalmannschaft hat gegen die UdSSR gespielt, wir haben gewonnen, wir haben uns auch schon dafür entschuldigt ..."
Zustimmung im Stadtrat gilt als Formsache
Oder: "Auf der Autobahn zwischen Erfurt und Gera ist die Strecke für 2,8 Kilometer in Ordnung - und zwar hintereinander!"
1984, im neuen Friedrichstadt-Palast, dann der Tick zu viel: SED-Boss Günter Mittag (1926-1994) missfielen Pointen, O.F. Weidling wurde aus dem DDR-Fernsehen verbannt, wenige Monate später starb er.
"Er war ein mutiger, wortgewaltiger Mensch. Er musste die Folgen tragen, doch er hat auch gezeigt, dass man sich nicht verbiegen musste", so Emmerlich weiter.
Im neuen Wohngebiet an der Stauffenbergallee soll die "Planstraße Ost" O.F. Weidlings Namen tragen.
Der Vorschlag aus dem Stadtbezirksbeirat steht, die Zustimmung im Stadtrat gilt als Formsache.
Dieser Auftritt kostete Weidling die Karriere
O.F. Weidlich wurde geliebt für seinen scharfen Spott gegen die DDR-Obrigkeit.
Kostprobe: "Unsere Nationalmannschaft hat gegen die UdSSR gespielt, wir haben gewonnen, wir haben uns auch schon dafür entschuldigt." Für den Conferencier ein Ritt auf Messers Schneide.
Am 27. April 1984 hatte er sich dann endgültig geschnitten: An diesem Tag durfte er den neuen Friedrichstadt-Palast in Berlin eröffnen - live und vor SED-Prominenz.
Unter Anspielung auf den kurz zuvor geflossenen Milliarden-Kredit für die klamme DDR, den der bayerische CSU-Chef Franz Josef Strauß eingefädelt hatte, kalauerte Weidling: "Sie sehen, wir setzen unsere Kulturpolitik fort. Wir haben die Kathedrale rechtzeitig fertiggestellt, dass sie Franz Josef Strauß schon sehen konnte – gegen ein geringes Entgelt."
Zögerlicher Applaus aus dem Publikum. Dann Weidling in Richtung ZK-Mitglied Günter Mittag (1926-1994): "Genosse Mittag hat nicht gelacht, doch jetzt schmunzelt er."
Das war zu viel. Am nächsten Tag bekam Weidling Auftrittsverbot, seine Talkshow "Treff mit O.F." flog aus dem Programm.
Fünf Neue für die "Albertstadt Ost"
Auf einer großen Brachfläche an Marien- und Stauffenbergallee sollen unter dem Namen "Albertstadt Ost" 600 neue Wohnungen entstehen.
Um die erreichen zu können, sind fünf neue Straßen geplant.
Wie von den Liberalen im Rat gewünscht, haben alle neuen Straßennamen einen Bezug zu Demokratie und Politik.
So wird neben dem in der DDR wegen Regimekritik aus dem TV verbannten O.F. Weidling (1924 - 1985) auch FDP-Politiker Wolfgang Mischnick (1921 - 2002) geehrt.
Zudem ist eine Eva-Büttner-Straße (Kunstkritikerin, Politikerin), eine Auguste-Lewinsohn-Straße (Arbeiterin, Politikerin) und eine Else-Ulich-Bell-Straße (Regierungsrätin, Landtagsabgeordnete) geplant.
Titelfoto: Klaus Winkler/dpa; Lorenzen Architekten