Teurer Start in die Ausbildung: Eltern müssen für Arztuntersuchung oft selbst zahlen!
Dresden - Bevor Jugendliche eine Ausbildung beginnen dürfen, müssen sie sich von einem Arzt untersuchen lassen. Die Kosten dafür trägt der Freistaat Sachsen. Doch in der Praxis gibt es so große Probleme damit, dass immer mehr Ärzte die Behandlung verweigern oder direkt die Eltern zur Kasse bitten.

Eine Untersuchung von Kopf bis Fuß, Hör- und Sehtest, ein Gespräch und Papierkram: Die vorgeschriebene Jugendarbeitsschutzuntersuchung für Heranwachsende (15 bis 17 Jahre) soll sicherstellen, dass die angehenden Azubis den angestrebten Beruf auch ausführen können. Bis zu einer Stunde Arbeit hat ein Haus- oder Kinderarzt mit seinem Praxisteam damit.
Das Problem: Beim Freistaat können die Ärzte nur 23,31 Euro pro Untersuchung abrechnen - denselben Satz wie 1976 in der BRD (damals 45,60 Deutsche Mark). "Das ist längst nicht mehr kostendeckend", sagt Kinderarzt Bernhard Lüders (60), der in seiner Praxis in Coswig rund 66 solcher Behandlungen pro Jahr durchführt.
Aber: "Wir Kinderärzte sehen uns jetzt gezwungen, die realen Kosten abzurechnen", so Lüders. Um die Patienten nicht im Stich zu lassen, bietet er wie die meisten seiner Kollegen im Landkreis Meißen die Behandlung auf Honorarbasis für 81,60 Euro an - wie es auch der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte empfiehlt. Also gegen Rechnung oder Bargeld.
Wer das nicht zahlen kann oder mag, dem bleibt nur ein Termin beim Amtsarzt, der die Leistung Patienten (mit Untersuchungsberechtigungsschein von der Gemeinde) noch kostenfrei anbieten muss. "Einen zeitnahen Termin bekommt man da aber in aller Regel nicht, wartet mitunter Monate", sagt eine verärgerte Mutter aus Radebeul.
"Dieses Dilemma ist auch den verantwortlichen Stellen im Freistaat bekannt und ist ein bundesweites Problem", heißt es von der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen.

Ärztliche Untersuchungen sind fast nur noch auf Privatrechnung möglich

Seit 2024 werde diese ärztliche Leistung von zunehmend mehr Arztpraxen nur noch auf Grundlage einer Privatrechnung oder überhaupt nicht mehr angeboten, bestätigt eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. "Der reibungslose Start in die Berufsausbildung oder in eine Beschäftigung ist somit für viele Jugendliche erschwert."
Unmut und Unverständnis seien groß bei Jugendlichen und Eltern. Für die Anpassung der Gebühren sei aber der Bund zuständig, bei dem man sich für eine Lösung einsetze.
Auch die Dresdner Handwerkskammer führt Gespräche, spricht von einer "misslichen Situation für alle Beteiligten, inklusive der Betriebe, die gern ausbilden möchten".
Doktor Lüders: "Eine Lösung sollte schnellstmöglich gefunden werden, damit das Problem nicht länger auf dem Rücken der Kinder und ihrer Ärzte ausgetragen werden muss."
Titelfoto: Bildmontage: pa/obs/AOK-Bundesverband, Holm Helis Dresden