Trainer verrät das Gold-Geheimnis von Olympiasieger Liebscher-Lucz
Dresden - Das Rampenlicht ist nicht seine Sache. Dabei richtet sein Weltklasse-Schützling Tom Liebscher-Lucz immer wieder die Scheinwerfer auf Coach Jens Kühn. Der Dresdner reist auf eigene Kosten nach Paris, um den historischen Auftritt des Olympiasiegers von 2016 (Rio) und 2021 (Tokio) zu erleben ...
Dass Kühn auf der Zielgeraden seiner Tätigkeit als Landestrainer (geht 2025 in Rente) auf Liebscher-Lucz getroffen ist, dürfte für beide ein Glücksfall gewesen sein.
"2007 ist Tom in die Trainingsgruppe gekommen", erinnert sich der mittlerweile 65-Jährige.
"Dass er Potenzial gehabt hat, konnte jeder sehen. Tom gewann als Junior schon die 100, die 1000 und die 2000 Meter und hatte eine Leistungsbreite."
17 Jahre später macht sich das Ass vom Kanuclub Dresden nach jeweils sieben WM- und EM-Medaillen in Paris auf, am Dienstag im Vierer das dritte Olympia-Gold in Folge zu gewinnen.
"Das hat keine Nation bisher geschafft", stellt auch Roland Rauhe anerkennend fest. Der Berliner saß zweimal selbst mit im deutschen Flaggschiff, diesmal ist er ZDF-Experte.
Doch was ist das Gold-Geheimnis von Liebscher-Lucz, dass er die Chance hat, Geschichte zu schreiben? "Tom ist zielstrebig. Du darfst auch kein Querulant sein. Er ist ein Teamplayer, hält die Mannschaft zusammen", so Kühn.
Kühn: "Tom läuft wie ein Uhrwerk!"
"Er hat nie gepatzt, läuft wie ein Uhrwerk. Als Kanute so lange die Spannkraft zu halten, ist selten."
Und dann erzählt der Coach eine Anekdote von 2013, die viel aussagt. Sein Schützling war damals als 20-Jähriger bei seiner WM-Premiere.
"In Duisburg paddelte er den 200-Meter-Einer und flog im Zwischenlauf raus. Danach war Tom einen Tag nicht zu erreichen. Er hatte sich im Zimmer eingeschlossen, das Telefon abgestellt", erinnert sich Kühn.
"Der Bundestrainer hat mich gefragt: 'Lebt er noch?' Und am nächsten Tag gewann er WM-Gold über 500 Meter. Er wollte es allen zeigen. Das ist Liebscher." Das 1,90 Meter große Kraftpaket wird am Sonnabend 31 Jahre alt. Und wie feiert er?
Dresdner Olympiasieger Tom Liebscher-Lucz gibt sich bescheiden
"Zum Geburtstag habe ich mir etwas Besonderes gewünscht: eine Zugfahrt nach Paris", lacht Liebscher-Lucz, der an seinem Ehrentag zu den Spielen vom Trainingslager in Duisburg aufbricht.
Gefeiert wird ohnehin erst richtig nach dem 9. August - hoffentlich mit zwei Goldmedaillen.
Denn neben dem Vierer (500 Meter) paddelt Tom auch den Zweier über die gleiche Distanz. "Wozu es reicht, wird sich zeigen", meint Kühn, der sich zum Thema Medaillen-Prognosen lieber zurückhält.
Zurückhaltend ist er dagegen nicht, wenn's darum geht, seinem Schützling seit Jahren auf eigene Kosten zu Höhepunkten hinterherzureisen. Was Kühn dafür ausgegeben hat? Der Coach weicht der Frage aus: "Ich will nichts wissen."
Neben dem Schauen von Rennen quatscht er "mit ehemaligen Athleten und Trainern über alte Zeiten" und schaut sich "das eine oder andere bei anderen Nationen ab". Zur nächsten Bildungsreise nach Paris ist er bereits aufgebrochen ...
Titelfoto: Bildmontage: Lutz Hentschel/Matthias Rietschel