Radebeul/Meißen - Die Aufregung um die viel zu kurze Vorbereitungszeit bis zur Neuwahl des Bundestags am 23. Februar ist groß. Für die SPD in Meißen kein Problem. Die Sozialdemokraten haben bereits entschieden. Sie schicken den 19-jährigen Leonhard Weist ins Rennen. Bitte, wen?
So unbekannt ist Weist - schmal, Milchgesicht, tiefe Stimme, wortgewandt - gar nicht mehr. Er war bereits Vorstand im Kreisschülerrat Meißen und im Landesschülerrat. Außerdem nahm er für Sachsen an der Bundesschülerkonferenz teil.
Parallel zu seinem Abitur wuppte er den Wahlkampf für den Radebeuler Stadtrat, wurde vom Listenplatz 5 auf die 2 hochgestuft und schaffte beides: Abitur und gewählt zu werden. Fraktionskollege ist sein Vater Thomas (60). Beide sind Mitglieder des Ältestenrats. Auch Leonhard.
Jetzt die nächste Stufe - Bundestag! Klingt nach einer Funktionärskarriere. "Ich will für eine Legislaturperiode nach Berlin, weil so junge Menschen wie ich in der Politik völlig unterrepräsentiert sind", sagt Leonhard mit Nachdruck.
Und: "Die Jungen müssen später mit den Entscheidungen leben, die jetzt getroffen werden." Da sei es nur fair, wenn sie mitentscheiden. Jetzt.
Sachsens Wirtschaftsminister über jungen SPD-Kandidaten: "Er ist der Richtige!"
Eine Agenda hat er auch schon: soziale Gerechtigkeit. "Wir haben eine Vermögensungleichheit, die in Europa ihresgleichen sucht."
Er zieht die Augenbrauen nach oben und erzählt von dem Pizzadienst, für den er gearbeitet hat, vom Mindestlohn, vom fehlenden Urlaubsanspruch und der Kollegin mit den drei Kindern, die von diesem Job leben muss.
Versauern will Leonhard im Bundestag nicht. Vorausgesetzt, er schafft es. Erklärtes Ziel: Jurastudium wie sein Vater und später mal ein ganz "normales" Leben führen.
Und eine Familie gründen? "Ach, ich bin erst 19!" Leonhard winkt ab. Was nicht warten kann, sind seine Freunde. Mit ihnen abzuhängen oder ab und zu in den Club zu gehen, ist ihm wichtig.
Viele finden sein Engagement gut, andere nicht. Auf Facebook häuften sich unmittelbar nach seiner Kandidatur Kommentare wie: "Der soll erst mal arbeiten gehen!" Spurlos geht so etwas nicht an ihm vorbei, sagt er.
Mut macht ihm Sachsens Wirtschaftsminister und Parteigenosse Martin Dulig (50): "Leonhards Aufgeschlossenheit, sein großes politisches Talent und sein unermüdlicher Einsatz für eine gerechtere Welt sind die besten Voraussetzungen für eine Bundestagskandidatur. Er ist der Richtige!"