Sachsens Bäcker haben null Bock auf Insekten im Teig
Dresden - Getreideschimmelkäfer im Brot, Heuschreckenpulver im Brötchen, getrocknete Grillen im Kuchen? Schon beim Gedanken daran dürfte es vielen unwohl werden. Und doch sind all diese Zutaten seit 24. Januar in Lebensmitteln erlaubt.
Sachsens Bäcker haben jetzt auf den Ekel-Reflex reagiert. Immer mehr Meister versuchen, ihre Kundschaft mit (ent-)warnenden Aushängen zu beruhigen.
"In unserer Bäckerei werden keine Insekten verbacken", lautet etwa ein Schild in den Verkaufsstuben der Löbauer Großbäckerei Schwerdtner mit rund 50 Filialen zwischen Dresden und Zittau.
"Die Anfragen wegen der Insekten häufen sich", so Michael Heidler (51), Mitglied der Geschäftsleitung. Er stellt gleichzeitig klar: "Wir werden auch in Zukunft auf die Verwendung verzichten."
Gleiches gilt für die Bäckerei Fehrmann aus Göda (Landkreis Bautzen), die ihre Kundschaft mit einer Digitalanzeige auf die Nicht-Verwendung hinweist.
Chef André Fehrmann: "In unsere Backwaren kommt nur, was auf dem Feld wächst, und nicht, was dort krabbelt, läuft oder fliegt."
Ernährungsberater: "Insekten-Protein ist normal verträglich und ungefährlich"
Manuela Lohse (51) von der Bäckerinnung Dresden versteht die Skepsis ihrer Kollegen: "Insekten in Backwaren, das widerspricht unseren Essgewohnheiten. Das Thema wird viel diskutiert, hat aber im Bäckeralttag bei uns keine Bedeutung."
Dabei hätte der Zusatz von erlaubten Insekten, etwa als Beimengung zum Mehl in Pulverform, durchaus Vorteile. Ernährungsberater Paul Pretzsch (25) aus Crimmitschau (Landkreis Zwickau): "Insekten-Protein ist ganz normal verträglich und ungefährlich. Die Nutzung ist ökologisch sinnvoll. Ich kann es mir langfristig für den täglichen Gebrauch vorstellen." Pretzsch hat auch persönlich schon mal gekostet - gegrillte Heuschrecken beim Mexikaner.
Übrigens: Im Vergleich zu Rind-, Schweine- oder Hühnerfleisch verursacht die Insektenproduktion bis zu 100 Mal weniger CO2.
Titelfoto: Montage: IMAGO/Rolf Poss, Ove Landgraf