Polizei-Schergen für Holocaust: Die dunkle Geschichte des Festspielhauses Hellerau
Dresden - Das Festspielhaus Hellerau steht für Tanz auf Weltniveau. Der Bauausschuss gab folgerichtig grünes Licht für die 12 Millionen Euro teure Sanierung des Ostflügels. Ungewöhnlich: Gleichzeitig fiel der einstimmige Beschluss, das dunkelste Kapitel der denkmalgeschützten Häuser aufzuarbeiten.
Im Hellerauer Festspielhaus dominierte zwischen 1911 und 1933 die Tanzkunst. 1938 übernahmen die Nazis das Zepter. Vier Schülerwohnhäuser wurden abgerissen, stattdessen entstanden die Flügel Ost und West. Hellerau wurde zur "Polizei-Waffenschule Hellerau I" und zum "Polizei-Unterführer-Lehrbataillon Dresden-Hellerau".
Seit Jahren forscht Stadtrat Tilo Wirtz (53, Linke) über die menschenverachtende Ausbildung und die Schandtaten der mit SS-Schergen gleichgesetzten Polizisten. "Heinrich Himmler, Reichsführer SS, war der Bauherr der Kaserne. Sein Adjutant, der SS- und Polizeigeneral Kurt Daluege nahm Hellerau persönlich in Augenschein", so Wirtz, der Verbindungen zum berüchtigten Polizeibataillon 304 nachweisen konnte.
Deren Sonderlehrgang "Tötung per Genickschuss" in Krakau enthielt einen unfassbaren "praktischen Ausbildungsteil", dem 75 Juden zum Opfer fielen.
Unterstützung erhielt Wirtz durch die Historikerin Esther Ludwig (55). "Ein wichtiger Teil der Geschichte des Festspielhauses ist in Vergessenheit geraten. Hier wurden vermeintlich normale Polizisten für den Holocaust ausgebildet, sie führten Razzien durch und waren an Massenerschießungen der Zivilbevölkerung beteiligt."
Geschichte von Hellerau wird nun auf Antrag der Linken wissenschaftlich untersucht
So belegten Akten mittlerweile die "Laufbahn" einzelner Polizisten von der Ausbildung in Hellerau in den Partisanenkampf und die Räumung von Ghettos. Diese Geschichte von Hellerau wird nun auf Antrag der Linken wissenschaftlich untersucht. Dabei wird auch die Zeit als Standort der Sowjet-Streitkräfte einbezogen.
Unterstützung kommt von Festspielhaus: "Wir begrüßen ausdrücklich die Aufarbeitung der Nutzungsgeschichte. Zur Wiederbelebung und Bespielung des traditionsreichen Ortes gehört zwingend eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte", so Hellerau-Intendantin Carena Schlewitt (59).
Titelfoto: imago images/Artokoloro