Tragisches Missgeschick im Stadtrat kostet Dresdner Sportvereine Millionen!

Dresden - Seit Juni gilt in Dresden eine Haushaltssperre, die der Verwaltung einen strikten Sparkurs vorschreibt. Im Stadtrat versuchten mehrere Lager, Lockerungen zu erreichen. Doch alle blieben stur bei ihren Vorstellungen - und dann kam auch noch ein menschliches Malheur dazu, das am Ende die Dresdner Sportvereine 1,2 Millionen Euro kosten wird.

Der Dresdner Stadtrat fand in einem wichtigen Entscheid erneut keinen Kompromiss.
Der Dresdner Stadtrat fand in einem wichtigen Entscheid erneut keinen Kompromiss.  © Eric Münch

OB Dirk Hilbert (51, FDP) wies erneut auf die angespannte Lage im Haushalt hin, wenn auch das erwartete Minus zum Jahresende von ursprünglich gut 57 Millionen Euro nach jüngsten Schätzungen nur noch 2,3 Millionen Euro betragen soll.

Die Genossen plädierten darum dafür, die gesamte Sperre aufzuheben. "Sie hat ihre Wirkung erzielt. Nun ist sie schädlicher als ihr Nutzen", sagte Magnus Hecht (51, SPD). Die Linken beantragten, die Sperre für die Bereiche Sport, Jugendhilfe und Sozialarbeit zu beenden, um so auch die freien Träger und Vereine zu stärken.

CDU und Freie Wähler hingegen wollten die Sperre allein für die Sportförderung aufheben und dazu bislang ungenutzte Investitionsgelder in Höhe von 1,2 Millionen Euro freimachen.

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"Das gibt den Vereinen, Trainern und Angehörigen Sicherheit", begründete Peter Krüger (62, CDU). Insgesamt müsse man weiter sorgsam mit den Finanzen umgehen. Linken-Stadtrat Tilo Kießling (52) kritisierte: "Mit der Fokussierung nur auf den Sport, werden andere Bereiche mit Füßen getreten."

CDU-Stadtrat steckt Stimmkarte falschherum rein!

Versehen mit Folgen: Hans-Joachim Brauns (64, CDU) steckte seine Stimmkarte falsch herum ins Gerät, sodass sein Votum nicht erfasst wurde.
Versehen mit Folgen: Hans-Joachim Brauns (64, CDU) steckte seine Stimmkarte falsch herum ins Gerät, sodass sein Votum nicht erfasst wurde.  © Thomas Türpe

Letztlich wurde über alle Varianten abgestimmt. Da sich aber kein Lager wirklich kompromissbereit zeigte, jeweils gegen die anderen Vorschläge stimmte, fand sich am Ende für gar nichts eine Mehrheit.

Tragischerweise auch, weil Hans-Joachim Brauns (64, CDU) seine Stimmkarte falsch herum ins Wahlgerät steckte, sein Votum damit nicht gezählt wurde. Anstatt mit einer hauchdünnen Mehrheit für die Annahme des Sportförderung-Antrags endete die Abstimmung damit 33 zu 33 unentschieden. Die Millionen-Spritze für den Sport war damit geplatzt.

"Niemand ärgert sich über meinen Fehler mehr als ich", bedauerte Brauns am gestrigen Freitag, am Tag danach.

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Das Nachsehen haben nun viele der rund 400 Dresdner Sportvereine mit mehr als 113.000 Sportlern. Stadtsportbund-Präsident Lars-Detlef Kluger (52): "Besonders ehrenamtliche Übungsleiter, Kinder und Jugendliche sind betroffen. Sehr bitter und in der Sache völlig unverständlich. Sportvereine wurden zum parteipolitischen Spielball."

Stadtsportbund-Präsident Lars-Detlef Kluger (52)
Stadtsportbund-Präsident Lars-Detlef Kluger (52)  © Steffen Füssel

So läuft das mit der Abstimmungs-Maschine

Um ihr Gerät auf dem Tisch zu aktivieren und abstimmen zu können, muss die Karte so - und nur so - eingeführt werden.
Um ihr Gerät auf dem Tisch zu aktivieren und abstimmen zu können, muss die Karte so - und nur so - eingeführt werden.  © Holm Helis

Die Tücken der Technik: Früher hätte es so ein Abstimmungs-Missgeschick nicht gegeben, denn da stimmten die Stadträte noch "händisch" ab.

Die moderne Abstimm- und Konferenzanlage (Kosten: 158.730 Euro) kam im August 2017 erstmals zum Einsatz. Seitdem wird sie als Standard genutzt.

Um das Gerät, das bei jedem Stadtrat auf dem Tisch steht, zu aktivieren, müssen die Räte nur ihre persönliche Karte einschieben. Das geht allerdings nur in einer Variante: Der Name muss sichtbar sein.

Wird die Karte nicht ordnungsgemäß eingelegt, wird der Abstimmende nicht erfasst und die via Knopfdruck abgegebene Stimme auch nicht an der Wand hinter dem Podium angezeigt.

Das war der CDU im Stadtrat allerdings erst nach weiteren Abstimmungen aufgefallen, wonach eine Wiederholung nicht mehr möglich war.

Ein Haufen Scherben - Ein Kommentar von Hermann Tydecks

Zu den Leidtragenden gehören Dresdens Sportvereine mit so vielen ehrenamtlichen Helfern, Kindern und Jugendlichen.
Zu den Leidtragenden gehören Dresdens Sportvereine mit so vielen ehrenamtlichen Helfern, Kindern und Jugendlichen.  © picture alliance / Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Die jüngste Stadtratssitzung hat es mal wieder gezeigt: Das Dresdner Parlament ist so zerstritten, dass es einfach nicht mehr viel bewegen kann. Ein Dramaturg hätte jedenfalls seine Freude im wichtigsten städtischen Gremium, die Stoffe könnten quasi auch bei Netflix laufen.

Hickhack um die Beigeordneten, Vize-OB-Wahl, Schöffen-Streit: Mehrheiten kommen - wenn überhaupt - nur noch schwer zustande. Dabei hätte es im nun jüngsten Streit um die Lockerungen der Haushaltssperre durchaus einen Kompromiss geben können.

Denn Gelder für Dresdens Sportvereine mit Tausenden Ehrenamtlern freimachen - das wollten eigentlich alle Fraktionen. Doch da die Lager dabei jeweils nur ihren eigenen Weg gehen wollten und nicht bereit waren, sich im Vorfeld auf einen Kompromiss zu einigen, bleibt jetzt wieder nur ein Scherbenhaufen übrig - inklusive gegenseitiger Schuldzuweisungen in den sozialen Medien im Tag danach.

Dass dabei auch noch ein menschliches Versehen zu dem Ergebnis beitrug, was niemand so wollte, ist nur die Pointe im jüngsten tragikomischen Kapitel des Stadtrates. Bis zur Kommunalwahl im Juni kommenden Jahres wird sich daran wohl auch nichts mehr ändern - zu tief scheinen die Gräben, sowohl auf politischer als auch menschlicher Ebene.

Die Leidtragenden sind aber nicht zuvorderst die Räte, sondern die Bürger unserer Stadt.

Titelfoto: Bildmontage: Eric Münch, Thomas Türpe

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