Stadtrat hat entschieden: (Vorerst) keine Wagner-Akademie am Königsufer

Dresden - Aus der Traum? Wahrscheinlich nicht. Der Weg zur Realisierung von Bauprojekten, noch dazu auf öffentlichem Grund, ist erfahrungsgemäß kurvenreich. Der direkte Weg indes ist vorerst politisch verbaut. Der Stadtrat entschied am Freitag auf Antrag der SPD-Fraktion gegen das Bauprojekt einer Wagner-Akademie am Königsufer.

Vorerst wird sich hier nichts ändern: Den Neubau einer Wagner-Akademie am Königsufer hat der Stadtrat - vorerst - gestoppt.
Vorerst wird sich hier nichts ändern: Den Neubau einer Wagner-Akademie am Königsufer hat der Stadtrat - vorerst - gestoppt.  © Thomas Türpe

Die Idee der Wagner-Akademie als wissenschaftliche Einrichtung samt integriertem Konzerthaus bedeutete die Institutionalisierung der Wagner-Forschung in Dresden.

Die Akademie und ihre bauliche Verkörperung am Elbufer wären gewissermaßen die auf Dauer gestellte und das Gesamtwerk Wagners erweiterte Fortführung des Konzertprojekts "The Wagner Cycles" - der historisch informierten Neubearbeitung der Tetralogie "Der Ring des Nibelungen", welche die Dresdner Musikfestspiele seit 2022 mit dem Kooperationspartner Concerto Köln unter der künstlerischen Leitung des Dirigenten Kent Nagano (73) durchführen - in großem Stil.

Gerade erst wurde Teil zwei des Projekts, "Die Walküre", von der "New York Times" als eine der besten Aufführungen des Jahres 2024 weltweit geadelt.

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Im Frühjahr hatte Musikfestspiel-Intendant Jan Vogler (60) in Abstimmung mit OB Dirk Hilbert (53, FDP) einen Förderantrag beim Kulturstaatsministerium der Bundesregierung gestellt, tatsächlich wurden im September 15 Millionen Euro Fördersumme zugesagt. "Eine Förderung in dieser Höhe bedeutet riesige Wertschätzung für Dresden", sagte Vogler damals. Die Gesamtkosten des Projekts werden auf etwa 60 Millionen Euro geschätzt, zuzüglich der jährlichen Personal- und Betriebskosten.

Im Stadtrat sorgte das Akademie-Projekt trotz Förderzusage vom Bund aus wesentlich zwei Gründen nicht für Freude, sondern Missbilligung: aufgrund der desolaten Haushaltslage und der Tatsache, dass offenbar weder Stadtrat noch Kulturverwaltung vorab über das Projekt informiert worden waren.

Tatsächlicher Bedarf einer neuen Kulturinstitution nicht ausreichend geklärt

Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (47, Linke) weist auf die schwierigen Voraussetzungen hin.
Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (47, Linke) weist auf die schwierigen Voraussetzungen hin.  © Holm Helis

"Die Idee der Wagner-Akademie kommt in einer Zeit, in der wir selbst die bestehenden städtischen Kultureinrichtungen nur mit Mühe und Not angemessen finanzieren können, zum ungünstigen Zeitpunkt", so Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (47, Linke) angesichts der maroden öffentlichen Finanzlage.

Kurz vor der Stadtrats-Abstimmung sagte sie TAG24: "Die 15-Millionen-Förderzusage vom Bund bedeutet nicht mehr als eine Inaussichtstellung. Wir als Stadt müssten entsprechende Eigenmittel aufbringen, den Bauantrag bis Phase drei (Entwurfsplanung, Anm. d. Red.) entwickelt haben und das Baukostenrisiko tragen, bevor das Geld überhaupt erst zur Auszahlung käme."

Schwierige Voraussetzungen.

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Nicht geklärt aus Sicht vieler Stadträte wie der Kulturbürgermeisterin ist der tatsächliche Bedarf nach einer neuen Kulturinstitution. Bedarf gebe es auch an anderer Stelle. Klepsch: "Hellerau oder das Hygiene-Museum, zum Beispiel, sind strukturell unterfinanziert." Beide Institutionen verfügten zudem über Räume, die in größerem Maß genutzt werden könnten als bisher.

Eine großflächige Bedarfserhebung für eine Wagner-Akademie vor jeglicher Planung sei ebenso unerlässlich wie die Abgrenzung oder mögliche Verbindung zu anderen Kulturinstitutionen der Stadt zu bestimmen.

Wie geht es nun mit dem Wagner-Projekt weiter?

Musikfestspiele-Intendant Jan Vogler (60) will sich zunächst nicht mehr zu dem Projekt äußern.
Musikfestspiele-Intendant Jan Vogler (60) will sich zunächst nicht mehr zu dem Projekt äußern.  © DPA/Robert Michael

Was nun? Ist das Projekt der Wagner-Akademie mit der Stadtratsentscheidung gestorben? Totgesagte leben länger, sagt der Volksmund, was auch in diesem Fall zutreffen sollte.

So lässt einerseits der Stadtratsbeschluss die Möglichkeit einer privatwirtschaftlich finanzierten Verwirklichung des Projekts offen, muss andererseits die Stadt endlich konkrete Ideen für die Bebauung der betreffenden Flächen am Königsufer entwickeln - wobei die Wagner-Akademie sicher eine Option bleibt.

"Die städtebauliche Entwicklung am Elbufer braucht eine herausragende Lösung, baulich wie konzeptionell", sagt die Kulturbürgermeisterin. Am Dienstag wolle sie mit OB Hilbert und Baubürgermeister Stephan Kühn (45, Grüne) das weitere Vorgehen besprechen.

Intendant Jan Vogler, Initiator des Projekts, will sich zunächst nicht mehr zum Thema äußern. Die weitere Planung liege allein bei der Stadt.

Titelfoto: Bildmontage: Thomas Türpe, dpa/Robert Michael

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