Schöffen-Schande im Stadtrat! Zehn Wahlgänge reichen nicht

Dresden - Trotz Brandbrief der Justiz, Fristüberschreitung, Austausch der Kandidaten und Überstunden bis in die Nacht in der letzten Sitzung vor der Sommerpause: Am Ende reichten den von OB Dirk Hilbert (51, FDP) geleiteten Volksvertretern auch zehn (!) Wahlgänge nicht, um den Schöffen-Wahlausschuss zu besetzen. Damit droht nun ein Stillstand der Strafverfolgung, mutmaßliche Straftäter könnten sogar entlassen werden.

Nach zehn Wahlgängen konnte sich der Dresdner Stadtrat auf keine sieben Kandidaten einigen.
Nach zehn Wahlgängen konnte sich der Dresdner Stadtrat auf keine sieben Kandidaten einigen.  © Thomas Türpe

Die Schöffen-Schande im Stadtrat: Hans-Joachim Brauns (63, CDU), zugleich Richter am Landgericht, brachte es eine halbe Stunde vor Mitternacht auf den Punkt: "Einen solchen Unfug, der hier passiert, sieht das Gerichtsverfassungsgesetz nicht vor."

Daraufhin verkündete Hilbert, der sich schon zuvor ratlos gezeigt hatte, das Ergebnis seines letzten verzweifelten Wahlversuchs: "Wir haben es nicht geschafft, die Wahl zustande zu bringen." Wieder nicht.

Zuvor hatte er die Stadträte über mehrere Sitzungen insgesamt zehnmal zur Wahlurne gerufen, damit sie sieben Vertrauenspersonen für den Schöffen-Wahlausschuss bestimmen konnten.

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Doch obwohl Linke und Dissidenten zuletzt Zugeständnisse machten, von ihren Wunschkandidaten abrückten, fanden in der geheimen Wahl nur sechs Kandidaten die benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit der Stimmen - also einer zu wenig.

Die Justiz droht unter dem fehlenden Schöffen-Wahlausschuss zu leiden.
Die Justiz droht unter dem fehlenden Schöffen-Wahlausschuss zu leiden.  © imago/Jochen Tack

Stillstand bei Strafverfolgung droht!

Für Hans-Joachim Brauns (63, CDU) ist die erneut gescheiterte Besetzung des Schöffen-Wahlausschusses "Unfug".
Für Hans-Joachim Brauns (63, CDU) ist die erneut gescheiterte Besetzung des Schöffen-Wahlausschusses "Unfug".  © Thomas Türpe

Das lag zum einen daran, dass die AfD nicht von ihrem Kandidaten, Stadtrat Falk Breuer (58), abrücken wollte.

Aber auch gut eine Handvoll weiterer Stadträte verweigerte einem Alternativ-Kandidaten, den Hilbert selbst vorgeschlagen hatte, ihre Stimme.

Damit kann der Schöffen-Wahlausschuss nicht arbeiten, keine Schöffen bestimmen.

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Ab Januar droht damit laut Justizministerium "nicht nur ein Stillstand der Strafverfolgung im Bereich der mittleren und schweren Kriminalität, sondern auch die Entlassung derartiger Straftaten bezichtigter Beschuldigter infolge überlanger Verfahrensdauer".

Die Notfrist (reguläre Frist bereits verstrichen) für die Wahl der Vertrauensleute läuft Ende Juli aus.

Nun muss die Landesdirektion als Aufsichtsbehörde der Stadt aktiv werden. Möglicherweise muss Hilbert die Stadträte zu einer "außerordentlichen Sitzung" aus ihrem Urlaub ins Rathaus rufen. Ausgang unklar.

Titelfoto: Bildmontage: Thomas Türpe, imago/Jochen Tack

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