"Querdenker"-Demo in Dresden: Mehr als 2000 Menschen ziehen durch die Stadt
Dresden - Monatelang hatten die Dresdner "Querdenker" rund um Marcus Fuchs (40) für den heutigen Sonnabend nach Dresden getrommelt, um den Jahrestags des Volksaufstandes in der DDR vom 17. Juni 1953 für ihre Zwecke zu missbrauchen. Tatsächlich reisten Verschwörungsgläubige, Neonazis und "Querdenker" aus ganz Deutschland und auch dem nahen Ausland an. Doch am Ende sorgte Bummelei für Ratlosigkeit.
Schon weit vor 16 Uhr begann sich der Theaterplatz in Dresden zu füllen, Israel-, Reichs-, Russland- und andere Fahnen wehten. Doch ein Regenguss sorgte dafür, dass sich der Platz schnell wieder leerte. Kurz vor Beginn der Kundgebung wurde es dann wieder trocken.
Mehr als 2000 Demonstranten versammelten sich auf dem Theaterplatz, bekamen nicht nur in der Szene prominente Redner zu hören. So trat der ehemalige Linken-Angeordnete Dieter Dehm (73) kurz nach 16.30 Uhr auf die Bühne.
"Ich bin geimpft", schrie er ins Publikum und bat darum nicht dafür ausgebuht zu werden. "Aber ich bin mit Feindesstoff geimpft. Ich bin nämlich in Moskau zum ersten Mal mit Sputnik geimpft worden und dann ein Vierteljahr später in San Marino wieder mit Sputnik."
Anschließend schimpfte er auf die in Deutschland geläufigen Impfstoffe und die Medien. Als Ursache für den Ukrainekrieg sah Dehm auch nicht den Angriff Russlands, sondern "das immer näher Ranrobben der NATO an die russische Grenze."
Dehm: "Das ist geschehen, um Putin zu reizen, damit er einmarschiert, damit er möglicherweise in eine Falle geht!"
Aufzug hat gemächliches Tempo
Aber auch ein aktives Bundestagtagsmitglied, Karsten Hilse (58, AfD), sprach auf der Demo. Allerdings während der Zug lief. Die Reden wurden zwar über ein Lautsprechersystem verbreitet, doch waren an vielen Ecken die Trommler so laut, dass davon nicht viel zu verstehen war.
Jeweils mit eigenen Blöcken vertreten waren die rechtsextremen "Freien Sachsen" und die Jugend der jüngst umbenannten NPD, die "Jungen Nationalisten". Der Aufzug ging in sehr gemächlichem Tempo über das Terrassenufer, die Steinstraße hinauf und dann über die Wilsdruffer Straße zum "Haus der Presse".
Dort wurde das Gebäude mit "Lügenpresse"-Sprechchören bedacht, einzelne Passanten zeigten auf der Strecke den Demonstranten den Stinkefinger.
Auf größeren Protest traf der Zug am Goldenen Reiter: Hier hatte die "Seebrücke Dresden" ein Brückenfest angemeldet.
Zu diesem hatten sich mittlerweile noch etwas über 100 ehemalige Teilnehmer einer antifaschistischen Tanzdemo angeschlossen, die am Nachmittag durch die Neustadt lief.
Verlängerung der Demo von Polizei unterbunden
Die Polizei trennte beide Lager, zwischen den Versammlungen wurden Sprechchöre ausgetauscht. Über die Augustusbrücke lief die "Querdenker"-Demo dann zurück auf den Theaterplatz - und sah in die Röhre. Urplötzlich und ohne Abschlussrede erklärte Markus Fuchs die Demo für beendet.
Grund: Tatsächlich war die Versammlung nur bis 19 Uhr angemeldet und wegen der Bummelei auf der Strecke, war es bereits 19.09 Uhr. Eine Verlängerung kam aber nicht infrage:
19 Uhr lief die Oper "Aschenputtel" in der Semperoper, Krach war nun verboten. Einige Trommler, die das nicht einsehen wollten, wurden dann auch schnell von der Polizei angesprochen.
Die Beamten hatten einen recht ruhigen Tag: "Es gab keine Störungen", so Sprecher Marko Laske (49). "Bei ihrem Einsatz wurde die Polizeidirektion Dresden von der sächsischen Bereitschaftspolizei, Polizisten aus Berlin sowie aus Sachsen-Anhalt unterstützt.
Insgesamt waren 500 Polizisten im Einsatz." Allerdings mussten zwei Ordnungswidrigkeitsanzeigen gestellt werden, weil Demonstranten die offizielle Dienstflagge Sachsen trugen. Diese dürfen tatsächlich nur Behörden hissen.
Titelfoto: Bildmontage: Eric Hofmann