Dresden - Windkraft? Nein, danke! 2013 hatte der Stadtrat auf Initiative der FDP beschlossen, keine Anlagen im Stadtgebiet zu errichten. Die Grünen wollten das jetzt rückgängig machen. Es folgte eine hitzige Diskussion.
Kein einziges Windrad steht bislang im Stadtgebiet. Seit 2013 sei viel Wasser die Elbe heruntergeflossen.
"Die Dringlichkeit des Klimaschutzes ist wesentlich deutlicher geworden", sagte Wolfgang Deppe (68, Grüne) mit Blick auch auf schlimme Hitzewellen und Hochwasser. "Dagegen müssen wir was tun, denn mit der Natur werden wir nicht verhandeln können."
Man wolle die Energiewende in Dresden rasch vorantreiben. Der Beschluss von 2013 sei überholt und auch rechtlich nicht haltbar. So fordert ein Bundesgesetz die Länder auf, zwei Prozent ihrer Flächen für Windkraft zur Verfügung zu stellen.
Laut Deppe gäbe es in Dresden Möglichkeiten entlang der Autobahn 4 im Westen, im Schönfelder Hochland Richtung Rossendorf, eventuell auch im Norden der Stadt.
"Es gibt diese Flächen!", so Deppe. Er sprach von zehn bis 20 potenziellen Windkraftanlagen.
Holger Zastrow poltert gegen Grüne
Die Linke betonte, man müsse bei einer möglichen Flächenanalyse die Bürger sowohl "aus dem unmittelbaren Umfeld als auch stadtweit" einbeziehen, um noch größeren Streit, den es ohnehin immer gebe, zu verhindern, so Fraktions-Chef André Schollbach (46).
"Was die Bürger davon halten, sehen wir ja schon. Die Voten in den Ortschaften waren ziemlich eindeutig. Die Bürger wollen das nicht! Aber das interessiert Sie nicht. Sie machen das für ihren grünen Wahn", polterte Fraktions-Chef Holger Zastrow (55, Team Zastrow).
Energiepolitik müsse man ganz anders machen. Auch BSW und CDU äußerten sich insbesondere mit Blick auf die Voten aus den Ortschaften ablehnend.
In seinem Schlusswort sprach Deppe von "Dummheit, was hier teilweise verbreitet wird". So sei der Schattenwurf von Windrädern, den zuvor das BSW thematisiert hatte, gar nicht problematisch.
Letztlich entschied sich eine Mehrheit (43 Nein-, 20 Ja-Stimmen, 5 Enthaltungen) gegen den Grünen-Antrag und damit gegen die Windanlagen.
Windkraft, nein danke? Ein Kommentar von Hermann Tydecks
Der Beschluss gegen Windräder zeigt das Dilemma, in dem nicht nur Dresden, sondern das ganze Land steckt. Noch zu Corona-Zeiten bewegte sich die Stimmung im Land klar in Richtung Klimaschutz. Motto: Wir brauchen den Umstieg auf grüne Energie, den Ausbau von Wind- und Solarkraft, E-Mobilität etc.
Die Grünen führten politische Umfragen an, 2021 kam die Ampel, auf den Straßen demonstrierte der Nachwuchs bei "Fridays for Future". Drei Jahre später hat sich der Wind gedreht. Die Ampel ist geplatzt, die Grünen tragen in der öffentlichen Wahrnehmung die Hauptschuld an teuren Strompreisen und letztlich am wirtschaftlichen Niedergang des Landes.
Unsere Gesellschaft ist sich nicht mehr einig, welchen Weg der Energiewende sie beschreiten will - und wie schnell das gehen soll. Ob Atomkraft nachhaltig ist, darüber streitet sogar die ganze Welt.
Das zeigt sich - natürlich - auch in Dresden. Der grüne Antrag, die Energiewende entschlossen zu unterstützen und das Potenzial für Windkraftanlagen auf Dresdner Stadtgebiet zu evaluieren und zu nutzen, scheiterte.
Nicht nur, weil es die Menschen vor Ort - wie fast immer in solchen Fällen - mehrheitlich ablehnen, kein Windrad um die Ecke haben wollen. Letztlich gehen auch Kräfte im Stadtrat davon aus, dass die neue Bundesregierung den 2021 eingeschlagenen grünen Weg verlassen wird.
Dann hätte sich das Thema ohnehin erledigt. Das fände ich allerdings falsch. Wir brauchen natürlich auch mehr Windräder. Die habe ich zudem lieber in meiner Nähe als ein Atomkraftwerk. Wenn es in Dresden passende Flächen gibt, sollte sich die Stadtgesellschaft dem nicht versperren.