Neuer Vorstoß im Stadtrat: Sollen Schwarzfahrer in Dresden wirklich ungestraft davonkommen?
Dresden - Wer ohne Ticket in Bus oder Straßenbahn steigt, begeht eine Straftat, kann im Gefängnis landen. Der Knast-Aufenthalt verursacht enorme Kosten, ebenso wie die juristische Strafverfolgung. Die Dissidenten-Fraktion im Dresdner Stadtrat will das jetzt ändern und das Schwarzfahren entkriminalisieren.
Bislang fällt Schwarzfahren unter das "Erschleichen von Leistungen" nach Paragraf 265a Strafgesetzbuch, kann mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. Wer die gerichtliche Geldstrafe nicht zahlen kann oder will, kassiert eine Ersatzfreiheitsstrafe und wandert ein. Meist zwischen 30 und 100 Tagen.
Dabei wird die Justiz beschäftigt: In Dresden gab es in 2021 und 2022 über 5500 Ermittlungsverfahren. Und die decken gerade mal die Schwarzfahrer-Fälle im Tatzeitraum von Januar bis August 2021 ab.
2021 wurden allein wegen des Erschleichens von Leistungen in Sachsen Ersatzfreiheitsstrafen in Gesamthöhe von 8651 Tagen verhängt.
Ein Sträfling kostet pro Tag über 147,24 Euro. Macht Gesamtkosten in Höhe von mehr als 1,27 Millionen Euro - die der Steuerzahler blecht.
Wer beim Schwarzfahren erwischt wird und nicht zahlen kann, droht Haft
Die Dissidenten-Fraktion im Stadtrat fordert ein Umdenken
Aufwand und Kosten sind nicht die einzigen Gründe, warum die Dissidenten-Fraktion die Strafverfolgung abschaffen will. "Es trifft vor allem einkommensarme Menschen, die so wenig Geld haben, das sie es gar nicht aufbringen können", sagt Stadtrat Martin Schulte-Wissermann (52).
Wichtig: Der ganze strafrechtliche Prozess hat nichts mit den 60 Euro zu tun, welche die DVB als erhöhtes Beförderungsentgelt von Schwarzfahrern verlangen. Diese Summe fordern sie immer auf zivilrechtlichem Weg ein!
Der Unterschied: Wer hier nicht zahlen kann, seine Vermögensverhältnisse offen legt, landet letztlich nicht im Gefängnis.
Bei Schwarzfahren kennen die DVB keinen Spaß
Knast droht nur bei Strafanzeige! Diese werde laut DVB-Sprecher Falk Lösch (57) in der Regel erst gestellt, wenn Fahrgäste die 60 Euro nicht begleichen.
Mit ihrem Antrag wollen die Dissidenten erreichen, dass die DVB als städtisches Tochterunternehmen künftig aufs Stellen der Strafanzeige verzichtet, da diese den DVB auch kein Geld einbringe.
Lösch: "Jedes Jahr verursachen Schwarzfahrer bei uns Schäden in Millionenhöhe. Es wäre eine Katastrophe, wenn das bagatellisiert wird."
Das letzte Wort hat der Stadtrat.
Titelfoto: Montage: Maik Ehrlich, dpa/Uwe Zucchi, Christian Suhrbier, Holm Helis