Letzte Privilegien gefallen: Diese Neuerung macht den Dresdner Taxifahrern und Kunden Ärger
Dresden - Dresdens Taxifahrer in Not! Die Verkehrsentwicklung der Stadt erschwere die Arbeit, mache sie teils sogar unmöglich, klagen die Fahrer. Dabei geht es nicht nur um Probleme bei neuen Radwegen, sondern auch den Wegfall der letzten Privilegien, etwa beim Abbiegen. Darunter leiden auch Fahrgäste.

"Es wird immer schwieriger, unsere Aufgabe zu erfüllen", sagt Jan Kepper (47), Chef der Dresdner Taxigenossenschaft. "Unsere Fahrer schütteln nur noch den Kopf."
Problematisch seien etwa die neuen Radwege wie an der Reicker Straße. Bis August konnten Taxifahrer zum Einsammeln von Gästen dort noch auf der rechten Fahrspur anhalten. Nun fiel diese zugunsten des Radwegs weg. Darauf dürfen Taxis nicht halten, nicht drüberfahren (durchgezogene Linie).
"Wenn wir jetzt in zweiter Reihe halten, würden wir damit die einzige Fahrspur für Autos und Straßenbahnen blockieren", sagt Lutz Perner (60), der seit 1984 Taxi fährt. "Das dürfen wir nicht. Wir können nicht arbeiten, ohne Rechtsbruch. Es drohen Bußgelder und Punkte."
Ähnlich problematisch sei die Lage am Herzzentrum.

"Für Kunden wird's teurer, die ärgern sich auch"

"Wir können unsere Kunden nicht bitten, 200 Meter bis zur ersten Halte-Möglichkeit zum Taxi zu laufen. Viele sind zu alt und zu krank." Laut Kepper sind zwei von drei Gästen am Tag mobilitätseingeschränkt. "Darum buchen uns ja viele Kunden überhaupt."
Als Fehlentwicklung sieht die Genossenschaft auch das Streichen der letzten Privilegien an. So konnten die Fahrer lange dank eines "Taxi frei"-Schildes am Postplatz stadtauswärts fahrend von der Wilsdruffer in die Marienstraße links abbiegen.
"Kürzlich wurde das Schild entfernt. Nun müssen wir umständlichere Routen fahren. Für Kunden wird's teurer, die ärgern sich auch", so Kepper. Als "Armutszeugnis für den Rechtsstaat" bezeichnet er die Begründung des Amtes für die Schild-Abnahme, die er hörte: Es gebe zu viele Autofahrer, die es den Taxis gleichtäten.
Das Rathaus teilt dazu mit, dass zur Erhöhung der Verkehrssicherheit das Abbiegen über die Gleise verboten wurde, das Schild im Widerspruch zur Fahrbahnmarkierung (durchgehender Streifen) stand. An der Reicker Straße stünden entweder auf privaten Flächen "oder in angemessener Entfernung im öffentlichen Verkehrsraum Andienungsmöglichkeiten zur Verfügung", so ein Rathaussprecher.
Aktuell gebe es noch 49 "Taxi frei"-Schilder in der Stadt. Wie viele es noch vor zehn Jahren waren, darüber könne keine Aussage getroffen werden.
750 Fahrer mit 406 Fahrzeugen

Die Taxigenossenschaft (Telefon: 0351/211 211) vereint 135 Unternehmen unter einem Dach, organisiert eine Flotte von 406 Fahrzeugen und 750 Fahrern.
Vor Corona waren es noch 1000 Fahrer gewesen. Vom Tiefstand mit nur noch 600 Fahrern im letzten Jahr konnte sich die Genossenschaft aber wieder erholen. Motiviertes Personal wird auch weiterhin gesucht!
Durchschnittlich legt ein Taxi-Fahrer pro Schicht 200 bis 300 Kilometer zurück. Tagsüber (5 bis 20 Uhr) kostet der Grundpreis 4,50 plus 2,80 Euro pro gefahrenem Kilometer. Ab dem fünften Kilometer noch 2,50 Euro.
Es gibt auch Festpreise: Die Fahrt vom Hauptbahnhof bis zum Flughafen (oder umgekehrt) kostet 39 Euro.
Wichtige Fahrten: Ein Kommentar von Hermann Tydecks

Der grüne Verkehrsbürgermeister Stephan Kühn will bei seinen Planungen alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigen. Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer, Busse, Bahnen und auch Taxis. Diese sind ein "unverzichtbarer Bestandteil des öffentlichen Nahverkehrs", wie die Stadtverwaltung betont.
Tatsächlich erfüllen Taxis eine wichtige Funktion fast exklusiv. Sie befördern zahlreiche kranke Dresdner. Damit sind nicht nur Klinik-Fahrten zur Dialyse oder Krebsbehandlung gemeint, wo Patienten teils bis ins Zimmer gebracht (oder abgeholt) werden.
Sie befördern auch Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind. Diese Fahrgäste können in der Regel keine weiten Strecken mehr zurücklegen oder sich mit Rollator in Bussen oder Bahnen quälen.
Insofern ist es wichtig, dass Taxifahrer wenigstens fürs Einsammeln und Ausladen ihrer Gäste nah an diese herankommen. Was früher noch relativ einfach war, stellt sich zuletzt aber als immer schwerer heraus.
Denn ein Halten oder Parken in zweiter Reihe ohne Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer ist praktisch nicht mehr möglich, wenn auf immer mehr Straßen nur noch eine Fahrspur für Autos zur Verfügung steht. Wenn dann noch Radstreifen mit durchgezogenem Streifen den StVO-konformen Zugang (etwa zu Einfahrten) verhindern, ist der Ärger der Taxifahrer verständlich. Eine gestrichelte Streifenführung würde Abhilfe schaffen.
Taxis bleiben trotz Verkehrswende und dem Fördern von Lastenrad und Co. ein wichtiges Verkehrsmittel, sollten von den Verkehrsplanern besser berücksichtigt werden – insbesondere vorm Hintergrund unserer alternden Gesellschaft!
Titelfoto: Bildmontage: Ove Landgraf