"Stückel-Rat": Alle 15 Parteien im neuen Dresdner Stadtrat!
Dresden - Das gab's noch nie: 15 Parteien und Wählervereinigungen traten zur Stadtratswahl an - und alle schaffen laut vorläufigem Endergebnis den Einzug, sind nach der Sommerpause im neuen "Stückel-Rat" (tritt am 22. August an) vertreten.
Schon in den letzten Jahren war es schwierig, stabile Mehrheiten zu finden. Künftig dürfte das noch schwerer werden.
Versucht man die 70 Räte in Lager einzuteilen, könnte man dem linken Flügel 31 Stimmen zuordnen (Grüne, SPD, Linke, Piraten, PARTEI, Dissident:innen, Volt sowie BSW).
Der rechte Flügel käme auf 39 Stimmen (AfD, CDU, Team Zastrow, Freie Wähler, FDP, Freie Bürger, Freie Sachsen).
Aber: "Wir machen keine Zusammenarbeit mit der AfD", sagt Dresdens CDU-Chef Markus Reichel (55).
Zuletzt habe es Mehrheiten gegeben, die auch ohne die AfD funktioniert hätten, wie etwa beim umstrittenen Moscheebau-Projekt in der Johannstadt.
Neuer Stadtrat: Mehrheitsfindung noch schwieriger
Eine Zusammenarbeit für eine stabile Gestaltungsmehrheit wäre etwa nötig, um den neuen Doppelhaushalt bis Ende des Jahres planen und beschließen zu können.
SPD-Fraktionschefin Dana Frohwieser (47) spricht von der "ersten großen Herausforderung." Sie hofft, dass sich dafür Fraktionen der Mitte finden werden, schließt Gespräche mit der AfD aus.
Nur: Selbst wenn sich viele Fraktionen gegen den Wahlsieger AfD (19,5 Prozent, 14 Sitze) "verbünden": In Sachfragen dürfte das rechte Lager auch wegen der Verluste der Grünen (nur noch 10 statt 15 Sitze wie 2019) und Linken (nur noch 5 statt 12 Sitze) stärker als bislang auftreten.
"Wir sind bereit mit allen zu sprechen, die für sachorientierte Lösungen bereit sind", so AfD-Fraktionschef Thomas Ladzinski (35). Er kündigte an, künftig auch Bürgermeister-Posten besetzen zu wollen. Regulär endet als nächstes die siebenjährige Amtszeit von Verkehrsbürgermeister Stephan Kühn (44, Grüne).
OB Hilbert spricht von "einigen Überraschungen"
Die Piraten (künftig 2 statt 1 Sitz) sprechen von einem "Rechtsruck": "Auch wenn die Arbeit in einem mehrheitlich rechten Stadtrat hart wird: Aufgeben ist keine Option", sagt die neu gewählte Stadträtin Anne Herpertz (26).
Ziel sei es nun, eine eigene Fraktion (4 Räte nötig) zu bilden. Dann könnten sie auch Anträge stellen, Ausschüsse besetzen, erhalten ein Büro im Rathaus (und ein Budget).
OB Dirk Hilbert (52, FDP): "Das Ergebnis der Stadtratswahl hat sicherlich einige Überraschungen mit sich gebracht. Fakt ist, dass die Mehrheitsfindung noch komplizierter werden dürfte. Für eine stabile Mehrheit aus der Mitte heraus braucht es in jedem Fall fünf Fraktionen. Gerade mit Blick auf die schwierige finanzielle Lage der Stadt sollten auch die Fraktionen die Mehrheitsentscheidungen nicht dem Zufall überlassen. Ich werde noch vor der Sommerpause die ersten Gespräche führen."
Titelfoto: Thomas Türpe