Verkehrsversuch am Blauen Wunder wird beendet! So lange bleiben die Radwege noch
Dresden - Paukenschlag im Rathaus: OB Dirk Hilbert (52, FDP) bricht den Verkehrsversuch am Blauen Wunder frühzeitig ab. Das wurde TAG24 nun aus dem Umfeld des Stadtrates berichtet. Am Nachmittag machte die Stadt den Abbruch dann offiziell.
Das Projekt soll am 28. April (Sonntag) auslaufen. Hilbert: "Der Grund für diese Entscheidung sind die Ergebnisse der ersten Woche, die zwar eine Verbesserung der Situation für Radfahrer und steigende Nutzerzahlen zeigen, gleichzeitig aber auch dramatische Auswirkungen auf den übrigen Verkehr."
Die Verspätungen der Buslinien 61 und 63 betrugen laut Rathaus insbesondere an Montagen bis zu 22 Minuten. Als Abbruchkriterium waren im Vorfeld 12 Minuten Verzögerung vereinbart worden.
Seit dem 8. April waren auf dem Brückenkörper des Blauen Wunders in jede Fahrtrichtung seitliche Radwege markiert worden. Für besonders heftige Diskussionen sorgte aber die Auftragung einer separaten knallroten Radspur auf der Brückenrampe am Schillerplatz.
Dadurch verloren die Autofahrer stadteinwärts eine von bislang drei Spuren, standen während der Hauptverkehrszeiten bis weit auf die Grundstraße und Pillnitzer Landstraße im Stau.
Vertreter der Wirtschaft hatten deshalb einen frühzeitigen Abbruch des Verkehrsversuchs gefordert.
Am heutigen Dienstag nahm auch der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) Stellung, sprach von "zum Teil erhebliche Verkehrsbehinderungen im motorisierten Individualverkehr und dem ÖPNV". Autofahrer würden sich nach Alternativrouten, etwa über die Elbbrücke in Pirna oder die Dresdner Waldschlößchenbrücke, umschauen.
Die daraus resultierenden zusätzlichen Abgase könnten mit Blick auf die Umwelt nicht das Ziel sein.
Dresden: Fahrradspuren am Blauen Wunder kommen wieder weg
Ines Springer (57), Vorstandsmitglied beim ADAC Sachsen, suchte versöhnliche Worte: "Es ist gut einen Verkehrsversuch zu wagen, aber man muss dann auch den Schneid haben, diesen als gescheitert zu betrachten. Für die Belastung in Dresden sollte in diesem Punkt schnell gehandelt werden."
Auch zahlreiche Stadtpolitiker äußerten massive Kritik, forderten den frühzeitigen Abbruch. Während sich anfangs insbesondere die Mitte-Rechts-Fraktionen im Stadtrat gegen den Versuch stemmten, schlugen im Laufe der vergangenen sieben Tage auch SPD und Linke nachdenkliche Töne an.
Dabei lieferte die Debatte rund um den Versuch neue Munition für den bereits laufenden Kommunalwahlkampf. Versuchsgegner Holger Zastrow (55) und sein neugegründetes Team plakatierten im Umfeld der Brücke umfassend gegen das Projekt.
Die CDU brachte einen Eilantrag zur nächsten Ratssitzung ein, um das Verkehrsexperiment in seiner jetzigen Form (Donnerstag, 18. April) zu torpedieren.
Nun kommen der OB und sein Baubürgermeister mit ihrer Entscheidung einer weiteren Eskalation der Situation im Dresdner Osten zuvor. Ursprünglich war geplant, den Versuch bis zum 16. Juni laufen zu lassen.
Das sagen Kommunalpolitiker zum frühzeitigen Abbruch
Stephan Kühns Parteikollegin und Stadträtin Susanne Krause (40, Grüne) sagte: "Wir bedauern, dass wir in dieser Stadt nicht die Geduld aufbringen, den Verkehrsversuch fachgerecht abzuwarten. Die Staulängen hatten sich bereits erheblich verkürzt und es ist fachlich unstrittig, dass es länger dauert als eine Woche, damit der Verkehr sich neu sortiert."
Sie bedauert, dass "keine zwei Monate Geduld da sind, um die unangenehme Situation zu verbessern".
Steffen Kaden (53, CDU), der die Verkehrszeiten täglich akribisch nachverfolgte: "Es helfen keine Durchhalteparolen und das Schönreden der Zahlen. Wer jetzt noch meint, es würde sich 'einspielen', der verweigert sich der Realität. Der Oberbürgermeister hat heute entschieden. Jetzt ist Schluss damit!"
Linken-Stadtrat Tilo Wirtz (55), Mitglied im Bauausschuss, befürwortete den Versuch anfangs, stellte nun jedoch klar: "Es war wichtig, diesen Versuch durchzuführen, um auch die wohlmeinenden Aktivisten einmal mit den Konsequenzen nicht zu Ende gedachter Lösungen zu konfrontieren. Bei einem Verkehrsversuch sind es ein paar Tage Stau, schnell wieder rückgängig zu machen, während bei Veränderungen im Energie-, Heizungs- oder Landwirtschaftssektor die Folgen einer ideologischen und eindimensionalen Politik schnell schwere bleibende Schäden verursachen können."
Robert Malorny (44), Fraktionschef der FDP im Stadtrat: "Es hat lang genug gedauert, aber es ist gut, dass der Verkehrsbürgermeister zur Einsicht gekommen ist. Wenn ein Experiment nicht funktioniert und wie hier den Verkehr für Autofahrer ebenso wie für den ÖPNV lahmlegt, dann muss das nicht auf Teufel komm raus durchgeboxt werden."
Und: "Wir hoffen, dass bei zukünftigen Versuchen, die eindeutigen Ergebnisse der Simulationen vorab ernst genommen werden und ein so hoffnungsloses Projekt gar nicht erst gestartet wird."
Erstmeldung 13.30 Uhr. Aktualisiert um 17.15 Uhr.
Titelfoto: Montage: Eric Münch, Steffen Füssel