CDU-Fraktions-Chefin Heike Ahnert: "Müssen stärker auf Freiheit und Verantwortung setzen"
Dresden - In einem Jahr wählen die Dresdner den neuen Stadtrat. Parteien, Fraktionen und ihre Persönlichkeiten bringen sich bereits jetzt in Stellung. Wo setzen sie ihre Akzente, was planen und was fordern sie? TAG24 bittet wichtige politische Köpfe der Stadt zum Gespräch. Im "Montags-Interview" am 7. August: Heike Ahnert (42, CDU).
TAG24: Frau Ahnert, Sie sind seit einem halben Jahr im Amt, haben den Fraktionsvorsitz der CDU im Stadtrat nach einer turbulenten Zeit übernommen. Was hat sich seitdem getan?
Heike Ahnert: Uns ist es gelungen, Jan Pratzka zum Wirtschaftsbürgermeister zu wählen. Auch beim Thema Verkehr oder dass die Verwaltung auf das Gendern verzichtet, sind wir weitergekommen.
TAG24: Was ist aus Ihrer Sicht das größte Problem, das Dresden momentan hat?
Heike Ahnert: Dresden ist im Vergleich zu anderen Kommunen immer noch in einer vorteilhaften Lage. Wir haben eine gute Einnahmesituation, konnten uns in den letzten Jahren viel leisten. Das Klima im Stadtrat ist jedoch nach wie vor sehr angespannt. Bei acht Fraktionen fällt es schwer, die Stadt mit Maß weiterzuentwickeln.
TAG24: Mit Blick auf die Kommunalwahl 2024: Warum sollte man als Dresdner die CDU wählen?
Heike Ahnert: Weil die CDU Politik für alle macht und dabei nach pragmatischen Lösungen sucht. Ein Beispiel ist die Verkehrspolitik: Es geht uns nicht um Auto oder Rad, sondern Pkw, ÖPNV, Rad und Fußgänger zusammen. Hier müssen Entscheidungen getroffen werden, die für alle gut funktionieren. Ich wünsche mir 2024, dass es im Stadtrat wieder eine starke bürgerliche Mehrheit gibt.
TAG24: Was heißt für Sie "bürgerliche Mehrheit"?
Heike Ahnert: Das heißt, keine ideologischen, sondern praktikable Lösungen zu finden. Und stärker auf Freiheit und Verantwortung zu setzen.
Heike Ahnert: "Die AfD hat sich weiter radikalisiert"
TAG24: Gehören Linke und Grüne für Sie auch zur bürgerlichen Mehrheit?
Heike Ahnert: Die Linken nicht. Die Grünen schon eher. Gerade beim Thema Nachhaltigkeit mit Blick auf die Finanzen. Natürlicher Partner mit vielen Schnittmengen ist für uns die FDP.
TAG24: Mit der FDP allein wird vermutlich schwierig. Kann es ohne die AfD überhaupt eine stabile Mehrheit im Stadtrat geben?
Heike Ahnert: Es ist die Entscheidung des Wählers, wie sich der nächste Stadtrat zusammensetzt und welche Konstellationen dann denkbar sind. Wichtig ist, wieder sachorientierte Politik zu machen.
TAG24: Ihr Parteichef Friedrich Merz schließt eine Zusammenarbeit mit der AfD auch auf kommunaler Ebene aus. Halten Sie sich daran?
Heike Ahnert: Seit 2019 gibt es bei uns eine klare Beschlusslage. Keine gemeinsamen Initiativen mit Linken oder AfD. Unabhängig von der Fraktion werden wir sinnvollen Anträgen zustimmen. Wir werben immer um größtmögliche Unterstützung im Stadtrat: Wenn wir einen Antrag einbringen, wollen wir auch eine Mehrheit bekommen.
TAG24: Halten Sie die AfD denn für rechtsextrem?
Heike Ahnert: Teile der Führung ganz klar. Die Partei hat sich weiter radikalisiert. Deshalb wird sie für uns kein Partner sein, mit dem zum Beispiel gemeinsame Strategien erarbeitet werden.
Beim Thema Asyl "werden wir vom Bund im Stich gelassen"
TAG24: Andererseits haben Sie zur möglichen Elbquerung im Dresdner Osten ja einen Ergänzungsantrag der AfD in Ihren Antrag integriert ...
Heike Ahnert: Richtig! Unser Ansinnen war, zu prüfen, ob eine weitere Elbquerung möglich ist. Das ist ein ureigenstes kommunalpolitisches Thema. Alle Fraktionen integrieren regelmäßig sinnvolle Ergänzungen. Das ist eine Scheindebatte, die an der Lebensrealität der Bürger vorbeigeht.
TAG24: Haben Sie Beispiele?
Heike Ahnert: Die flächendeckende Schulsozialarbeit, den Bau der Schwimmhallen in Klotzsche und Pieschen oder die Unterbringung von Asylbewerbern. Wir wollen denen helfen, die wirklich Schutz brauchen. Aber wir können das nicht für alle leisten und nicht zu den jetzigen Bedingungen.
TAG24: Können Sie als CDU die Asylproblematik lösen?
Heike Ahnert: Nein, genauso wenig wie der Stadtrat oder der Freistaat Sachsen. Hier werden auf Bundesebene Entscheidungen getroffen, die uns beim Haushalt Gestaltungsmöglichkeiten rauben. Ich sage ganz klar: Wir werden hier vom Bund im Stich gelassen, sind als Kommune das schwächste Glied in der Kette. Wenn die Bundesregierung weiter als je zuvor die Türen für Asylbewerber öffnet, muss sie mindestens die Kommunen ausreichend unterstützten. Das ist bislang nicht der Fall.
TAG24: Wie sollte die Stadt denn jetzt mit der Haushaltssperre umgehen?
Heike Ahnert: Ich werte die Sperre als Signal nach Berlin und für anstehende Entscheidungen. Als ehrenamtliche Kommunalpolitiker sehe ich uns nicht in der Rolle, Vorschläge zum Kürzen vorzulegen. Sowohl mit Blick auf den Haushalt als auch die DVB möchte ich jedoch klarstellen: Eine Mehrbelastung der Autofahrer, etwa durch höhere Parkgebühren, wird es mit der CDU nicht geben. Und auch die Grundsteuerreform darf nicht zum Füllen der Stadtkasse genutzt werden.
TAG24: Sollte Dresden an Prestigeprojekten wie dem Fernsehturm festhalten?
Heike Ahnert: Der Turm ist für viele Dresdner ein Herzensthema. Ich denke, dass er weiterhin auf der Agenda stehen sollte, aber dafür muss das Verkehrskonzept funktionieren.
Zur Person
Heike Ahnert, Jahrgang 1980, macht gerade Urlaub in Norditalien. Die Ehefrau und zweifache Mama lebt mit ihrer Familie im Dresdner Stadtteil Tolkewitz. Ahnert arbeitet hauptberuflich als Referentin im Sächsischen Staatsministerium für Kultus. Sie hat einen Magister-Abschluss in Politik-, Kommunikations- und Rechtswissenschaften, studierte an der Technischen Universität Dresden und in Wrocław (Deutsch: Breslau) in Polen.
An Musik hört sie fast alles - ausgenommen sind Volksmusik und Blaskapelle. In ihrer Freizeit verbringt sie gerne gemütliche Stunden mit Freunden oder nimmt ein Buch zur Hand.
Titelfoto: Eric Münch