Nach Gerangel mit der Polizei: Ex-Oberbürgermeister von Radeberg verurteilt
Radeberg/Kamenz - Fast sein halbes Leben lang war Gerhard Lemm (63, SPD) Oberbürgermeister von Radeberg, nach 28 Jahren ging er in den Ruhestand. Doch keine drei Monate vor Amtsende legte er sich angetrunken mit der Polizei an, musste am Dienstag dafür vor das Kamenzer Amtsgericht.
Es gehört wohl zu den Pflichten eines Stadtchefs: Am 21. Mai 2022 war Lemm neun Stunden hintereinander auf gleich zwei Volksfesten - erst auf dem Brückenfest Großerkmannsdorf, dann auf der Party beim Sportverein Liegau-Augustusbad.
"Dort habe ich einiges getrunken", so der Ex-OB. "Deshalb sollte ja auch meine Frau fahren." Dass die selbst zu viel intus hatte, will er erst bei der anschließenden Polizeikontrolle bemerkt haben.
Denn irgendwer hatte ihn nach dem letzten Fest verpfiffen. Die Ordnungshüter rückten dann zu einem Feldweg in der Nähe des OB-Wohnhauses aus: "Ich habe eine Frau am Steuer gesehen", so Polizist André G. (38). Ein Atemalkoholtest ergab bei Cindy Lemm (32) rund 1,8 Promille. Dafür musste sie bereits 800 Euro Strafe zahlen.
Am Dienstag ging es nun um den Ex-Politiker selbst. "Als wir die Frau in den Wagen bringen wollten, stellte er sich in den Türrahmen und hielt sich dort mit einer Hand fest", so Polizist André G. "Als ich ihn in Richtung Fahrertür schieben wollte, hat er sich gedreht und versucht, sich mit der zweiten Hand festzuhalten. Ich habe ihn dann mit beiden Händen vor dem Körper gehalten."
Außerdem soll Lemm sich in seiner Eigenschaft als OB als "oberster Polizist" bezeichnet und dem Beamten das Ende der Karriere angekündigt haben.
Ex-OB Lemm widerspricht der Polizei
Lemm selbst sieht das ganz anders: "Auf die Laufbahn eines Polizisten habe ich doch gar keinen Einfluss", so der Angeklagte. "Ich habe irgendetwas gesagt in der Art: 'Sie werden noch von mir hören!' Ich hatte ja schon vor, mich zu beschweren."
Denn er wollte angeblich nicht den Bluttest seiner Frau verhindern, sondern mit ins Krankenhaus genommen werden und habe sich lediglich am Streifenwagen abgestützt. "Oder dass sie mir wenigstens ein Taxi rufen", so Lemm. "Ich habe mir tatsächlich nicht vorstellen können, dass ein Bürger, der die Polizei um Hilfe bittet, allein im Wald stehen gelassen wird."
Einer Einstellung gegen Geldauflage stimmt der Angeklagte nicht zu: "Ich bin mir keiner Schuld bewusst."
Urteil: Der Ex-OB muss 3000 Euro wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zahlen. Lemm kündigte umgehend Rechtsmittel an.
Titelfoto: Ove Landgraf