Motor, Lok und Turbine: Als die DDR in den Vereinen einzog

Dresden - Und weiter geht die Zeitreise in die frühen Jahre des Dresdner Fußballs, der nach dem verheerenden 2. Weltkrieg mit vielen Unwägbarkeiten zu kämpfen hatte. Und doch entwuchsen den Trümmern einer Stadt zahlreiche kleine und große Sportclubs mit teils entsprechenden Traditionen.

Echter Fußball wird auch auf Schnee gespielt. Im Februar 1962 empfängt Post Dresden die Stadtrivalen von Turbine zum Derby - Endstand 0:1.
Echter Fußball wird auch auf Schnee gespielt. Im Februar 1962 empfängt Post Dresden die Stadtrivalen von Turbine zum Derby - Endstand 0:1.  © Ove Landgraf, Dresdner Fußballmuseum

Viele Männer waren im Krieg geblieben, alle Familien 1945 vom Leid gezeichnet. Große Teile Dresdens waren zerstört. Und dennoch hatten die Menschen auch den verständlichen Wunsch nach Abwechslung, nach einem Hauch Normalität. Klar, dass dazu auch der Volkssport Fußball gehörte.

Schon in den ersten Monaten nach Kriegsende rollte der Ball, sofern denn einer aufzutreiben war. 1946 stieg die erste Proberunde. Eine Art Stadtmeisterschaft mit den lokalen Mannschaften, etwa SG Mickten oder SG Johannstadt.

"Bemerkenswert war, dass die Aktiven in der Anfangszeit nur dort spielen durften, wo sie auch wohnten", weiß Jens Genschmar (52) vom Dresdner Fußballmuseum. "Das war für manche Vereine hart, hatten sie doch teilweise ganze Mannschaften an der Front verloren."

Dresden: Star-Auflauf zum SemperOpernball! Kult-Sänger Heino kommt nach Dresden
Dresden Star-Auflauf zum SemperOpernball! Kult-Sänger Heino kommt nach Dresden

Immerhin: Ab 1947 liefen bei der SG Friedrichstadt viele Stars wieder auf, die noch wenige Jahre zuvor mit dem Dresdner SC Deutscher Meister geworden waren. Kurios: Von den Rängen schallte es trotz neuen Namens weiter "Ha, ho, he - DSC" ...

Zudem war es den Clubs laut einem Beschluss der alliierten Besatzer nicht gestattet, ihre bürgerlichen Namen weiterzutragen. "In Westdeutschland wurde das etwas lockerer umgesetzt und schon bald wieder verworfen", weiß Genschmar.

Motor, Lok, Turbine: Viele Betriebe verewigten sich in den Vereinsnamen

Viel Spaß beim Fototermin: eine Nachwuchstruppe der BSG Motor Zschachwitz Anfang der 50er Jahre.
Viel Spaß beim Fototermin: eine Nachwuchstruppe der BSG Motor Zschachwitz Anfang der 50er Jahre.  © Ove Landgraf, Dresdner Fußballmuseum

"Im Osten spielten anfangs nur 'Sportgemeinschaften'. Sie hatten zwar Fußballplatz, Vereinsfarben und Sportcasino übernommen, den Namen aber verloren." Das galt selbst für die Arbeitervereine wie den Dresdner SV 1910, der zur SG Striesen wurde, die rot-schwarzen Farben aber behielt.

Anfang der 50er Jahre gründeten sich in der DDR die Sportvereinigungen, denen auch die Clubs zugeordnet wurden. Dynamo (Polizei), Lok (Reichsbahn), Motor (Auto- und Maschinenindustrie), Aufbau (Bauwesen) oder Turbine (Energiewirtschaft) wurden somit auch Namensgeber für die Vereine, die oft nicht nur von den "Trägerbetrieben" unterstützt wurden, sondern auch ihren Betriebsnamen darin verewigten.

Und so gingen plötzlich die BSG Konsum (heute SpVgg Löbtau), BSG Donath-Lockwitz (BSV Lockwitzgrund) oder die BSG Trafo (später Motor TuR Übigau, heute Borea) an den Start.

Dresden: Neue Motto-Partys auf der Elbe! Freitags wird das Schiff zum Kaiser-Kahn
Dresden Neue Motto-Partys auf der Elbe! Freitags wird das Schiff zum Kaiser-Kahn

Für viele mögen die Namen heute ulkig klingen. Doch im Laufe der Jahre identifizierten sich die Menschen mit den Vereinen vor ihrer Haustür - und somit auch mit deren Namen. Vereine mit starken Unterstützern konnten somit auch höherklassigen Fußball auf ihre Sportplätze holen. So wie FSV Lok und Empor Tabak Dresden oder auch Stahl Riesa, Wismut Pirna-Copitz oder Fortschritt Neustadt.

Genschmar: "Letztlich lebte der Sport vom Spiel und nicht nur vom Namen. So waren auch früher schon Derbys das Salz in der Suppe. Wenn etwa Chemie auf Motor Niedersedlitz traf, Löbtau und Cotta oder Dobritz und Leuben die Klingen kreuzten."

Habt auch Ihr Schätze?

Das Dresdner Fußballmuseum ist ständig auf der Suche nach Trikots, Wimpeln, Broschüren, Nadeln, Karten, Fotos, aber natürlich auch nach spannenden Anekdoten rund um den Fußball in und um Dresden: info@dresdner-fussball-museum.de oder 0174/6716336.

Titelfoto: Ove Landgraf, Dresdner Fußballmuseum

Mehr zum Thema Dresden: