Wegen Ukraine-Krieg angefeindet: Wie geht es russischen Händlern in Dresden heute?

Dresden - Das traurige Jubiläum des Ukraine-Kriegs naht. Seitdem mussten auch viele Russen in Dresden Beleidigungen und Attacken ertragen. Wie geht es ihnen heute, 24 Monate danach?

Noch vor zwei Jahren erhielt das Restaurant "Aljonuschka" zahlreiche Drohungen und negative Bewertungen. Mittlerweile freut sich Chefin Tatjana Olifirenko (50), dass der Laden wieder gut läuft.
Noch vor zwei Jahren erhielt das Restaurant "Aljonuschka" zahlreiche Drohungen und negative Bewertungen. Mittlerweile freut sich Chefin Tatjana Olifirenko (50), dass der Laden wieder gut läuft.  © Norbert Neumann

Kurz nach Kriegsbeginn hatte Tatjana Olifirenko (50) Angst. Die Chefin des russischen Restaurants "Aljonuschka" erhielt Drohungen, Hassanrufe, zahlreiche negative Bewertungen im Internet.

"Das hat zum Glück mit der Zeit aufgehört. Von den Kunden persönlich habe ich nie ein negatives Wort gehört", berichtet die gebürtige Kasachin, deren Wahlheimat seit über 20 Jahren Dresden ist.

Nach Umzug in die Salzgasse wurde vor wenigen Wochen zehnjähriges Jubiläum gefeiert: "Italien, Eritrea, Frankreich, Deutschland, Russland, Ukraine: Wir sind ein multikulturelles Team. Aber wir reden hier nicht über Politik. Wieso auch, wir arbeiten hier!"

Russe Dmitri Jampolski über ukrainische Kunden: "Manche wollen diskutieren, manche einfach einkaufen"

Seit fast 20 Jahren führt Dmitri Jampolski (75) das "Karussell" auf der Rothenburger Straße. Bei ihm sind auch regelmäßig Ukrainer zu Gast.
Seit fast 20 Jahren führt Dmitri Jampolski (75) das "Karussell" auf der Rothenburger Straße. Bei ihm sind auch regelmäßig Ukrainer zu Gast.  © Montage: Norbert Neumann

Seit knapp 20 Jahren führt Dmitri Jampolski (75) das "Karussell" auf der Rothenburger Straße, einen kleinen Laden für russische Spezialitäten: "Jeder Russe kennt mich und ich kenne jeden Russen."

Er gründete einst eine russische Zeitung in Dresden, gibt den russischen Jahreskalender heraus, auch das russische Telefonbuch: "Darin enthalten sind alle Russen in Dresden von A wie Anwalt bis Z wie Zahnarzt."

Immer diskussionsfreudig weiß der gebürtige Sankt Petersburger seine Kundschaft schnell einzuschätzen: "Selbstverständlich kommen auch Ukrainer her. Wir essen und trinken doch das Gleiche! Manche wollen diskutieren, manche einfach einkaufen. Ich erkenne das."

Bistro "Samowar" litt unter Attacken: "Wir wurden als Kriegshetzer beschimpft"

Auf der Alaunstraße findet sich das Bistro "Samowar".
Auf der Alaunstraße findet sich das Bistro "Samowar".  © Norbert Neumann
Malvina Kalutkov (52) stand mit ihrem Neustädter Bistro "Samowar" auch im Fokus von Attacken, wurde gar als Kriegshetzer beschimpft.
Malvina Kalutkov (52) stand mit ihrem Neustädter Bistro "Samowar" auch im Fokus von Attacken, wurde gar als Kriegshetzer beschimpft.  © Montage: privat

Verbale Attacken musste vor zwei Jahren das Neustädter Bistro "Samowar" (Alaunstraße) über sich ergehen lassen. Geschäftsführerin Malvina Kalutkov (52) entdeckte mehrfach Aufkleber in ihren Speisekarten.

"Wir wurden als Kriegshetzer beschimpft. Das stand auch auf den Stickern. Am Anfang musste jeder seine Meinung loswerden. Das hat sich geändert."

Ein gerahmtes Putin-Porträt im Bistro wurde übrigens abgehängt und durch ein neutrales Gemälde ersetzt.

Seit über einem Jahr verzeichnet man keine Angriffe mehr, keine Sticker, keine negativen Rezensionen im Internet.

"Manche Stammkunden kommen nicht mehr. Dafür sind andere da. Mein Bistro läuft wieder gut", berichtet die Chefin.

Titelfoto: Montage: Norbert Neumann (2), privat

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