Vorwärts immer, rückwärts nimmer! Mega-Ansturm bei DDR-Auktion
Dresden - Wow! So viel ist die DDR wert: 174.590 Euro brachte die Versteigerung der mehr als 50.000 Exponate des Ex-DDR-Museums am Dresdner Albertplatz ein. Das Auktionshaus Günther hatte die Ausstellungsstücke in 939 Losen zusammengefasst und in einem zwölfstündigen (!) Auktionsmarathon von 10 bis 22 Uhr an die Bieter gebracht.
Die kauflustigen DDR-Fans stürmten regelrecht die Auktion, standen in langer Schlange am Einlass an. Auf 200 Bieter ausgelegt, drängelten sich mehr als 600 vor Ort.
Über 1300 boten online mit und feuerten die Preise an.
Mehr als 100.000 Exponate: Am Ende blieb kaum etwas übrig
Der Auftakt gleich ein Paukenschlag: Die Holztrennwände aus dem Gastro-Komplex "International" auf der Prager Straße starteten mit einem Onlinegebot von 4400 Euro - und wechselten für 5000 Euro den Besitzer.
"HotSoxx"-Eventprofi Torsten Meisel (58) wollte das Schild "Klub der Intelligenz" ersteigern - bei 700 Euro gab er auf. Am Ende erstand die Amerikanerin Christine Rank (38) für 1700 Euro das Schild. "Für das Wende Museum in Los Angeles", verriet die Sammlungsdirektorin. Auch ein Schränkchen, ein Lochstreifencomputer, eine Telefonstation und ein Lottomat treten die Reise an die Westküste der USA an.
Das von einem Austauschstudenten vor über 20 Jahren initiierte Museum beherbergt mehr als 100.000 Exponate, etwa die persönlichen Papiere von Erich Honecker aus der 169-tägigen Moabit-Haft 1992.
DDR-Auktion: Fast alle Posten versteigert
Ein kleines Museum hat sich auch Enrico, Bieter 149, in einem 65-Quadratmeter-Bungalow in der Hellersiedlung eingerichtet. Den Computer Robotron EC1834 schnappte ihm zwar ein anderer weg - aber: Bieter Nr. 004 bot ihm einen Rechner aus seinem Bestand an. Eine Trockenhaube mit Stuhl nahm Enrico mit nach Hause.
"Mein Limit waren 1000 Euro, aber das ist doch DDR-Kunst. Da konnte ich nicht anders", sagte Bieter 181. 2400 Euro waren ihm schließlich drei Bleiglasfenster aus den 70er-Jahren mit Arbeitermotiven wert, die einst dem VEB Herrenmode Striesen gehörten. Seinen Namen wollte er nicht verraten.
"Ich wohne in einem Dorf und die Leute würden nicht verstehen, dass ich dafür so viel Geld ausgebe."
Damit hat Kai Engelbrecht (42) kein Problem - für einen alten DDR-Computer reiste er aus der Schweiz an. "Er kommt in meine Sammlung, die mit mehreren Hundert Rechnern der wahrscheinlich größte Büroarbeitsplatz der DDR ist", schmunzelt er.
Seine vier für 45 Euro erworbenen Kittelschürzen wird Mario Pinski (46) wahrscheinlich auf dem Trödelmarkt weiterverkaufen. "Die Nachfrage ist groß." Auch nach 100 Kindernachttöpfen (35 Euro), vier Hochzeitskleidern (75 Euro), Luftroller (75 Euro), Gynäkologenstuhl (130 Euro), Speiseautomat (1300 Euro) oder Brigadetagebüchern (240 Euro).
Nur auf 42 Posten blieb Auktionator Stefan Günther (65) sitzen.
Titelfoto: Montage: Norbert Neumann