Vor wenigen Tagen ist sein Retter gestorben: Das Geheimnis des Chinesischen Pavillons

Dresden - Umgeben von hohen Laubbäumen thront mitten im Weißen Hirsch ein Palast aus Glas und Holz. Dass sich der Chinesische Pavillon heute zu einem Kulturzentrum gemausert hat, ist der Verdienst von Malte von Bargen. Dresdens Pavillon-Retter starb Anfang Juli im Alter von 94 Jahren.

Zehn Jahre lang stand Malte von Bargen (†94) dem Pavillon-Verein vor, zog sich 2015 von den Amtsgeschäften zurück.
Zehn Jahre lang stand Malte von Bargen (†94) dem Pavillon-Verein vor, zog sich 2015 von den Amtsgeschäften zurück.  © Arno Burgi/dpa

Steht das Fenster offen und der Wind günstig, ist das Klavier schon aus der Ferne zu hören. "Der Saal hat eine hervorragende Akustik", sagt Henning Heuer (47), während er mit seinen Fingern die Töne anschlägt.

Der TU-Professor für Elektrotechnik ist Vorsitzender des Vereins, der 2005 von Malte von Bargen zur Sanierung des Pavillons gegründet wurde.

Die Rettungsaktion des damals bereits 75-Jährigen kam in letzter Minute. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Haus dem Verfall preisgegeben, Fenster und Türen zugenagelt. Durch einen Brand 1997 war der Pavillon so schwer beschädigt worden, dass ein Abriss zur Debatte stand. Malte von Bargen, studierter Jurist, erkannte jedoch den historischen Wert des Gebäudes.

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Er begann mit dem Einsammeln von Spenden. Mehr als eine Million Euro kamen für den Wiederaufbau zusammen.

Heuer beschreibt seinen stets gut gekleideten Vorgänger so: "Er war ein sehr warmherziger, freundlicher Mensch, hatte beinahe einen staatsmännischen Charakter. Er sprach klar und wohlformuliert, ohne dabei hochnäsig zu wirken."

TU-Professor Henning Heuer (47) leitet den Verein seit 2020 und ist stolz auf das bislang Erreichte.
TU-Professor Henning Heuer (47) leitet den Verein seit 2020 und ist stolz auf das bislang Erreichte.  © Amac Garbe

Es begann mit dem Einsammeln von Spenden

Schon zu Kaisers Zeiten ging es bei Zeitungslektüre und Kaffee hier stilvoll zu: Der Pavillon diente lange Zeit als Treffpunkt für wohlhabende Kurgäste.
Schon zu Kaisers Zeiten ging es bei Zeitungslektüre und Kaffee hier stilvoll zu: Der Pavillon diente lange Zeit als Treffpunkt für wohlhabende Kurgäste.  © Ove Landgraf

Als die Arbeiter den altehrwürdigen Pavillon mit dem Holz der Weiß-Tanne errichteten, wurden Deutschland und China noch von Kaisern regiert.

1911 kamen Vertreter aus aller Herren Länder zur internationalen Hygieneausstellung nach Dresden. Im Großen Garten bauten auch die Chinesen einen Staatspavillon auf, präsentierten dort Waren ihrer traditionellen Medizin, aber auch Kleidung und Gegenstände wie Teekannen.

Nach der Ausstellung kaufte die damals noch selbstständige Gemeinde Weißer Hirsch das Häuschen, ließ es am heutigen Standort aufstellen. Danach nutze das wohlhabende Publikum der Kurbäder den Pavillon als Treffpunkt. Zu DDR-Zeiten diente er als beliebtes Freizeitlokal, nach der Wende als China-Restaurant.

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2015 wurde der Pavillon wieder eröffnet, 2021 die Gartenanlage fertiggestellt. Auch heute noch geht der Ausbau weiter, doch der Ort ist lebendig.

Konzerte, Familienfeiern, Hochzeiten finden hier statt: Alles dank der Courage von Malte von Bargen.

Schlimmer Anblick: Bis in die Nullerjahre hinein waren dem Haus die Brand- und Vandalismusschäden anzusehen. (Archivbild von 2006)
Schlimmer Anblick: Bis in die Nullerjahre hinein waren dem Haus die Brand- und Vandalismusschäden anzusehen. (Archivbild von 2006)  © imago/Stefan Hässler
In dem Saal finden seit der Wiedereröffnung zahlreiche Gäste Platz für Konzerte, Hochzeiten und Kulturevents.
In dem Saal finden seit der Wiedereröffnung zahlreiche Gäste Platz für Konzerte, Hochzeiten und Kulturevents.  © Amac Garbe

Kommentar von Lennart Zielke zum Chinesischen Pavillon: Neuer Glanz

Wir müssen nicht erst in ferne Länder reisen, um an geheimnisvolle Orte zu gelangen. Einer davon befindet sich auf dem Weißen Hirsch.

Trotz seiner Wiederauferstehung haben viele Dresdner den Chinesischen Pavillon noch gar nicht so richtig auf dem Schirm. Das sollte sich ändern!

Denn hinter dem aparten Holzbau, der von Säulen und einem Wandelgang mit filigranem Geländer umgeben ist, steckt eine beeindruckende Geschichte. Das Haus ist nicht bloß eine Kopie der Architektur aus dem Reich der Mitte, sondern ein Original aus der Zeit des letzten chinesischen Kaisers.

Vermutlich stellten Zimmerleute aus Shanghai das Gastgeschenk in der Heimat zusammen und verschifften es nach Dresden. Hier wurden die Einzelteile dann im Großen Garten zusammengesetzt.

Der Privatinitiative des verstorbenen Malte von Bargen ist es zu verdanken, dass der Aufmarsch der Abrissbagger Mitte der Nullerjahre gestoppt wurde. Auch wenn es noch immer viel zu tun gibt, strahlt der Pavillon heute in neuem Glanz, wird durch Konzerte, Feste, Hochzeiten mit Leben gefüllt.

Doch von Bargen und seinen Mitstreitern ging es noch um etwas anderes: Völkerverständigung. Das Haus ist ein zentraler Anlaufpunkt der chinesischen Gemeinschaft in Dresden, dient als Ort der Begegnung.

Und die ist angesichts weltweit zunehmender Spannungen heute wichtiger denn je.

Titelfoto: Arno Burgi/dpa

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