Uniklinikum im Weihnachtsmodus: Wie hier der Heiligabend läuft
Dresden - Weihnachtszeit - schönste Zeit! An diesem Wochenende feiern wir das Fest der Liebe und Güte. Doch nicht alle können unbeschwert zu Hause mit der Familie unterm Weihnachtsbaum mitfeiern. Viele müssen das Christkind am Krankenbett empfangen oder an den Feiertagen arbeiten. Wir haben uns auf einer Kinderstation umgesehen, wo ein Pfleger alljährlich zum Weihnachtsmann wird. Ein Seelsorger gibt außerdem Tipps, damit an der Festtafel kein Streit ausbricht.
Heiligabend auf der Kinderstation? Da haben wir die Bescherung ...
Ihre kleine Schwester und alle Schulfreunde feiern beschaulich unterm geschmückten Tannenbaum Weihnachten. Die kleine Marina (7) auch.
Doch ihr Baum steht dabei nicht zu Hause, sondern auf der Neuropädiatrie-Station des Dresdner Uniklinikums. Dieses Jahr kommt der Weihnachtsmann direkt ans Krankenbett der Siebenjährigen.
"Marina hatte nach einem nicht ausgeheilten Schnupfen eine vereiterte Stirnhöhle", erzählt ihre Mutti Nicole Nagora (39).
Sie kam vor einer Woche mit starken Kopfschmerzen und Fieber erst in die Notaufnahme, musste dann einen Tag später operiert werden. Dabei wurde das Sekret in der Stirnhöhle entfernt. Die OP verhagelte den Nagoras das Weihnachtsfest.
"Wenn alles gut geht, kann Marina frühestens kurz vor Silvester entlassen werden", sagt ihre Mutti und musste umplanen. "Wir wollten über die Feiertage eigentlich zu den Großeltern ins Erzgebirge fahren. Jetzt kommen Oma und Opa stattdessen zum Jahreswechsel nach Dresden."
Doch Bescherung gibt's trotzdem. Papa Hannes (42) verrät: "Unsere beiden Mädchen haben sich ein Lego-Set mit der Jubiläumsausgabe der Disney-Prinzessinnen gewünscht." Der Weihnachtsmann bringt das große Paket zwar ans Krankenbettchen.
"Aufgebaut wird es aber erst später zu Hause", sagt Mutti. Auch Schwesterchen Lucy (5) wird beim Geschenke auspacken in der Klinik sein. Nicole: "Nur Plätzchen backen habe ich im Stress nicht mehr geschafft." Dafür bringt sie aber zur Bescherung den traditionellen Kartoffelsalat mit Würstchen von zu Hause mit.
Am Abend darf sich Marina aussuchen, ob Mama oder Papa die Nacht lang bei ihr im Stationszimmer bleiben sollen. "Wir wechseln uns immer ab, können hier auf einem Schlafsessel direkt neben unserer Tochter übernachten", sagt Mutti. Na ja, dafür hat der Weihnachtsmann ein Auge zugedrückt.
Denn Siebenjährige dürfen eigentlich keinen Elternbesuch mehr über Nacht empfangen. Und wer weiß, vielleicht geht auch Marinas größter Wunsch in Erfüllung: "Ich möchte ganz schnell wieder gesund werden!"
Pst, so einfach wird aus dem Pfleger ein Weihnachtsmann
Verkehrsunfall und Bein gebrochen, Blinddarm- oder Tumoroperation, Verbrühungen oder Verbrennungen durch Weihnachtskerzen? Nicht jeder kann das Fest der Liebe bei den Liebsten zu Hause feiern.
Aber der Weihnachtsmann macht zum Glück keinen Unterschied, ob die zu Beschenkenden gesund sind oder krank. Deshalb kommt er auch zu den kleinsten Patienten in den Kliniken, obwohl dort traditionell vor Festtagen alle entlassen werden, die auch zu Hause wieder gesund werden können.
Für alle, die trotzdem ans Klinikbett gefesselt sind, ist Kinderkrankenpfleger Sebastian Geisler (33) seit nunmehr neun Jahren der Weihnachtsmann vom Dienst. Heiligabend verwandelt er sich im Spielzimmer der Kinderchirurgie-Station heimlich in Santa Claus.
Dafür zieht er einen roten Kittel und die Flauschhose über seine Pflegeuniform, hängt sich einen Rauschebart um und ruckelt die Zipfelmütze auf seinem Kopf zurecht. Erkannt wurde er so übrigens noch nie - jedenfalls nicht von den Kleinsten.
Geschenke für die Kleinen
"Immer zur Spätschicht ab 13.45 Uhr, nach einem kleinen Festtagsmahl und wenn der Dienstdruck nachlässt, beginnt meine Bescherung in den Zweibett-Zimmern", erzählt er. "Unter dem Weihnachtsmannkostüm kommt man dabei ganz schön ins Schwitzen."
In seinem Weihnachtsmannsack sind dann Playmobil- und Holzspielzeug, Räuchermännchen, Puzzle und Rasseln von der Klinik sowie Geschenke, die er vorher von den Eltern zugesteckt bekommen hat. Und immer ganz viele Süßigkeiten. "Natürlich nur, wenn das die Schonkost der kleinen Patienten erlaubt", schränkt er ein.
Die Geschenke wechseln im Tausch gegen ein aufgesagtes Gedicht oder ein Weihnachtslied die Besitzer. Diesen Sonntag übernimmt den Knecht-Ruprecht-Job übrigens ein Kollege, "damit ich meine einjährige Tochter zu Hause bescheren kann."
Doch in der Frühschicht davor hilft Sebastian am Heiligabend natürlich fleißig beim Geschenke einpacken. "Einmal waren sogar eine Carrera-Autorennbahn, ein riesiges Lego-Piratenschiff, eine Playmobil-Polizeistation und immer wieder Kuscheltiere dabei." Der Weihnachtsmann vergisst schließlich keinen.
Seelsorger kennt den Leidensdruck - gerade an Feiertagen
Wir feiern das Fest der Liebe und Freude. Doch was, wenn Angehörige gerade eine schwere Krankheit durchmachen oder sich der Tod eines Freundes ankündigt?
Dann spendet Krankenhausseelsorger Peter Pertzsch (56) Beistand, Trost und Hoffnung. Der evangelische Pfarrer arbeitet seit 23 Jahren als Seelsorger an den Festtagen - zuletzt in der Psychiatrischen Klinik und Maßregelvollzug (Haft psychisch oder suchtkranker Straftäter) in Großschweidnitz (bei Löbau), derzeit am ökumenischen Seelsorgezentrum der Uniklinik Dresden.
In der Klinikkapelle brennen die Kerzen am Adventskranz. Zu Weihnachten gibt es auch bei Pertzsch kleine Geschenke - 3-D-Postkarten mit Sinnsprüchen, die Mut machen sollen, oder Kerzen als Symbol für das Licht. Pertzsch: "Jesus sagt, ich bin das Licht der Welt. Und die Weihnachtsgeschichte selbst ist Botschaft für Trost."
Doch manchmal muss Trost auch wachsen. Wie zuletzt bei einer Sterbebegleitung, die fünf Stunden dauerte. "Danach bin auch ich kräftemäßig erschöpft, das lässt mich selbst demütig werden", sagt er. Bei Supervision kann er sich entlasten - eine Beratung, um das eigene Handeln zu reflektieren.
Zu Weihnachten kommt zu den Sorgen von Patienten und Angehörigen um Gesundheit und Tod noch ein weiterer Leidensdruck dazu - die Einsamkeit. "Weihnachten ist die Zeit höchster emotionaler Erwartungen. Da soll jede Störung der Familienruhe möglichst ferngehalten werden." Verständlich, dass eine Familie sogar die Beerdigung eines hochbetagt verstorbenen Angehörigen lieber ins neue Jahr verschob.
Und dann gibt es da noch die Angst, dass die Weihnachtsharmonie aus den Angeln geraten könnte. Damit die Weihnachtsbesuche nicht Anlass für Zank und Streit werden, rät der Seelsorger: "Vielleicht mal das Festessen mit der Ente weglassen und stattdessen die Zeit gemeinsam anders nutzen. Reden, sich aussprechen, versöhnen."
Vielleicht kann auch die Gemeinschaft beim Weihnachtsgottesdienst gegen die Einsamkeit ankämpfen, zu dem Pertzsch einlädt: "Zum Fest kann jeder zum Gottesdienst herkommen - egal ob und woran man glaubt."
• Evangelischer Gottesdienst am 24.12. (16.30 Uhr) und 25.12. (10.30 Uhr)
• Katholischer Gottesdienst am 26.12. (11 Uhr)
Titelfoto: Montage: Norbert Neumann, Holm Helis