Ansturm auf die vergessenen Fahrräder vom Hauptbahnhof
Dresden - Rund 2700 Fahrräder werden in ganz Deutschland jährlich an Bahnhöfen liegen gelassen oder schlicht vergessen. In Dresden versteigerte die Deutsche Bahn nun 60 Fundräder, die weder als Diebesgut gemeldet waren noch nach zehnwöchiger Aufbewahrungsfrist im Fundbüro abgeholt wurden.
Zwar ließen Akustik und Sicht im Königspavillon des Hauptbahnhofs zu wünschen übrig. Trotzdem wurde in den vorderen Reihen fleißig geboten. "Für ein E-Bike kletterte der Preis auf 695 Euro - das ist ein neuer Rekord", so Auktionator Helge Bückner (50). Doch angesichts des intakten Akkus des Bikes sei der Preis trotzdem ein Schnäppchen gewesen.
Für die schlechteren Stahlrösser lag das Mindestgebot bei einem Euro, für die meisten Exemplare wurden 5 bis 20 Euro als Startpreis gesetzt.
Kellner Louis Dittrich (24) bezahlte 30 Euro für seinen Auktionsfund: "Auf den ersten Blick ist das Rad fahrtüchtig, nur die Hinterradbremse sitzt etwas locker. Mein altes Rad zu reparieren, wäre teurer gewesen."
Auch diese zwei Dresdner wurden bei der Auktion fündig
Auf der Suche nach einem ganz bescheidenen Rad war Kinderkrankenschwester Lisa (32) - um es auf dem Weg zum Bus bedenkenlos an der Haltestelle abstellen zu können.
Sie wurde fündig, bezahlte 20 Euro für ein violett gemustertes Damenrad mit Korb. Zwar müssen die Reifen aufgepumpt werden, auch klemmt die Gangschaltung. "Für meine Zwecke ist es eigentlich zu schön."
Nicht nur Sparfüchse, selbst Radliebhaber wie Robert Stitterich (40), der in Rennradkleidung erschien, kamen auf ihre Kosten.
Der hauptberufliche Lkw-Fahrer radelt in seiner Freizeit leidenschaftlich gern. Für 95 Euro ergatterte er ein Single-Speed-Bike (Eingangrad) der Marke "Fixie" in Knallrot, das künftig sein Alltagsrad werden soll.
"Ich habe mehr bezahlt als erwartet, und um Reifenmäntel, Bremszüge, Lenker und Lack zu erneuern, werde ich bestimmt noch einmal 150 Euro drauflegen. Ich bin mir sicher, dass das ein richtig schönes Projekt wird", sagt er voller Vorfreude.
Mit Erhalt der Quittung sind die drei Bieter nun rechtmäßige Eigentümer der Fundräder. Sollten sich die früheren Eigentümer innerhalb von drei Jahren bei der Bahn melden, wird ihnen der Auktionspreis rückerstattet.
Titelfoto: Eric Münch