"Stille Stunde" im Supermarkt: Am Samstag wird das Einkaufen nicht mehr zur Qual
Dresden - Die Supermarkt-Kette "CAP-Markt" heißt so, weil sie Menschen mit "Handicap" beschäftigt. 24 Personen arbeiten an der Pillnitzer Straße mit körperlichen und geistigen Behinderungen. Dort wird's nun jeden Samstag still - ein Service für Kunden mit sensorischen Beeinträchtigungen.
Plötzlich verstummt Céline Dion. Gerade noch säuselte "My Heart Will Go On" entlang von Cornflakes, Bier und Kühlregalen. Mit ihr geht auch das direkte Licht. Und die zu verräumenden Waren müssen jetzt warten.
So oder so ähnlich spielt es sich seit knapp einem Monat jeden Samstag hier ab. Von 13 bis 14 Uhr herrscht "Stille Stunde" im CAP-Markt. Dessen Träger, die Evangelische Behindertenhilfe der Stadt, will damit auf Kunden eingehen, deren Behinderung nicht sichtbar ist.
ADHS, Epilepsie oder Schizophrenie sieht man den Betroffenen kaum an. Und doch gibt es viele Menschen, die mit klanglichen und optischen Reizen zu kämpfen haben.
Kunden genießen die "Stille Stunde"
In seinem letzten "Bericht zur Lage der Menschen mit Behinderungen" zählte der Freistaat allein knapp 49.000 Betroffene, deren Sinnesorgane beeinträchtigt waren. Weitere knapp 123.000 Menschen waren psychisch hauptbehindert.
Die Dunkelziffer, etwa unter Depressiven, ist deutlich größer. "Die wollen nicht gepampert, sondern normal behandelt werden", sagt Marktleiterin Christiane Hoysagk (57).
Die gelernte Tierpflegerin war zunächst 15 Jahre bei Lidl, bevor sie den CAP-Markt mit eröffnete. Nun ist sie auch die offizielle Fachkraft für ihre behinderten Kollegen. "Bei uns arbeiten geistig Behinderte mit psychisch Kranken zusammen. Das funktioniert super, die ziehen sich gegenseitig hoch", verrät sie TAG24.
Kunden wie Kollegen genießen die "Stille Stunde". Denn: "Im Alltag hat man ja schon genug Stress."
Titelfoto: Montage: Steffen Füssel